Das Schicksal der ältesten Vegesacker Häuser ist ungewiss: Schacher um altes Havenhaus

Seit Mai wird hinter den Kulissen über die Privatisierung der zwei wichtigsten historischen Baudenkmäler Vegesacks verhandelt: Havenhaus und Grauer Esel

Die älteste Zeichnung (1670) vom Havenhaus, dem ältesten Haus in Vegesack - bisher war es der Stadt sakrosankt Bild: Archiv

Was die Politik mit denkmalgeschützten Baudenkmälern macht, das geht alle was an, könnte man meinen. "Transparenz" ist, wenn Koalitionsvereinbarungen geschrieben werden, ein gern strapaziertes Wort, und "Bürgerbeteiligung" auch. Unter Ausschluss von Transparenz und Bürgerbeteiligung laufen seit Wochen interne Verhandlungen über den Verkauf des ältesten Baudenkmals in Vegesack, des Restaurants "Havenhaus".

Der Pächter Martin Bielefeld will es kaufen und gleich den "Grauen Esel" mit. "Das ist wie eine Kirche für den Stadtteil", sagt der frühere Bauamtsleiter von Bremen-Nord, Christof Steuer, "oder noch mehr". Als die Bremer Kaufleute um 1650 in Vegesack ein neues Hafenbecken bauen ließen, weil die stadtbremischen Anlegeplätze versandeten, da wurde dort das Haus für den Hafenmeister gebaut. Der "Graue Esel" ist die Gaststätte nebenan, sie geht auf das späte 18. Jahrhundert zurück und diente den Seeleuten als erste Absteige. Beide bilden ein "Ensemble", die "Keimzelle von Vegesack", ein "Kulturdenkmal", sagt der Denkmalschützer.

Rund zehn Jahre ist es her, da wollte der Pächter schon einmal die beiden Immobilien, die in kommunalem Besitz sind, erwerben. Bauamt, Denkmalschutz und Beirat wehrten sich - und verhinderten die Privatisierung. Nun scheint alles anders. Mitte Mai schon hat der Denkmalpfleger der "Wirtschaftsförderung Bremen" (WFB), einer Tochter der Stadt, geschrieben: "Aufgrund der von Ihnen geschilderten heutigen Ausgangslage sind wir nach reiflicher Überlegung dennoch bereit, dem Verkauf nunmehr zuzustimmen."

Das Schreiben war vertraulich. Warum sollen die Gebäude verkauft werden? "Das Havenhaus steht nicht zum Verkauf", dementierte die WFB in der vergangenen Woche. Fragen nach den Gründen erübrigten sich da. Inzwischen wird eingeräumt, man prüfe - alles sei offen.

Warum hat der Denkmalschützer zugestimmt? Was ist ihm erklärt worden? Daran, so sagt Ottmar Struwe vom Denkmalschutz, der den Brief unterschrieben hat, erinnere er sich nicht mehr so genau, das sei lange her. Die Zeiten hätten sich geändert, so sagt sein Kollege, die WFB wolle alles verkaufen und in Zeiten der Haushaltsnotlage müsse man dafür Verständnis haben. Wie viel Euro Verkaufserlös erwartet werde, das gehe den Denkmalpfleger nichts an. Wenn es die Summe sei, die im Gespräch ist, nämlich knapp eine Million Euro, dann sei das doch sehr wenig für die prominente Lage. Zumal die Stadt da doch Millionen investiert habe in den vergangenen Jahren.

Der Ortsamtsleiter darf den Fall nicht erklären, das Thema war im nichtöffentlichen Bauausschuss, da gilt Vertraulichkeit. Der Denkmalpfleger will bei einem Verkauf umfangreiche Auflagen gemacht wissen, die Umwandlung in eine Diskothek oder einen Nachtclub soll ausdrücklich "ausgeschlossen" sein. Das will der Pächter auch nicht, er sieht in dem Besitz eine "Alterssicherung". Was die Erben dann damit machen würden, weiß niemand.

Inzwischen scheint die Bremer Wirtschaftsförderung zurück zu rudern. Das Wort "Erbbaurecht" wird immer wieder genannt. Genaueres wird das nicht gesagt, als gehe es weder die Vegesacker noch die Bremer etwas an, was mit ihrer Stadt passiert.

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