Streit über Zustimmung zum Atomausstieg: Grüner Druck von ganz oben

Die Parteispitze der Grünen will die Basis überzeugen, dem Atomkompromiss von Schwarz-Gelb zuzustimmen. Unterstützung bekommen Roth & Co. aus dem Norden.

Atomkompromiss von Schwarz-Gelb: Claudia Roth will zustimmen - und hofft, dass es ihr die Basis gleichtut. Bild: dpa

BERLIN dpa | Vor dem Sonderparteitag der Grünen zum Atomausstieg schwört die Parteispitze die Basis auf eine Zustimmung ein. Doch auch die Gegner machen Front. Vorhersagen will keine Seite, ob die Führung mit der Zustimmung zum Ausstiegskonzept von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Samstag in Berlin Schiffbruch erleidet. Bis Freitag waren rund 80 Änderungsanträge zum Vorstandsantrag eingegangen, zudem soll über drei komplette Gegenanträge abgestimmt werden.

Parteichefin Claudia Roth betonte, mit dem geplanten festen Abschaltdatum der Meiler sei "die Reststromzockerei, wie sie beim rot-grünen Konsens möglich war, nicht mehr möglich". Einzelne Meiler könnten also nicht wegen der Übertragung von Reststrommengen bis Mitte des kommenden Jahrzehnts laufen. Der Atomausstieg bis 2022 gehe deshalb "auch über den rot-grünen Ausstieg positiv hinaus", sagte Roth am Freitag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. "Das steht zur Abstimmung und dem möchte ich zustimmen." Dennoch wolle auch die Grünen-Spitze weitere Verbesserungen erreichen. "Das ist aber kein Blankoscheck."

Der Co-Vorsitzende Cem Özdemir betonte, der Ausstieg bringe auch ein wichtiges Signal für die Wirtschaft, die sich dann an festen Vorgaben orientieren könne.

Ein Appell kam auch aus Kiel. Der Grünen-Fraktionschef im Kieler Landtag, Robert Habeck, forderte, dem schwarz-gelben Gesetz zum Atomausstieg aus inhaltlichen und politischen Gründen zustimmen. Zwar komme die Abschaltung der letzten Reaktoren nach den Plänen der Berliner Koalition um fünf Jahre zu spät, sagte Habeck der dpa in Kiel. "Aber unter dem Strich ist das eher ein Ausstieg als eine Mogelpackung." Außerdem sei es ein schwer erkämpfter Sieg der Anti-Atom-Bewegung. Er hielte es deshalb für falsch, den Atomausstieg nicht auf der Habenseite der Grünen zu verbuchen, sondern dieses Ergebnis der Union zu überlassen. "Das leuchtet mir nicht ein."

"Die Gesellschaft wird sich kaum zum Besseren entwickeln"

Das schwarz-gelbe Gesetz entspreche keineswegs zu 100 Prozent den Erwartungen der Grünen, und die sieben anderen Gesetze aus dem Paket seien so schlecht, dass man ihnen nicht zustimmen könne, erläuterte Habeck. "Aber man kann auch zustimmen, wenn ein Gesetz in die richtige Richtung geht und muss nicht auf 100 Prozent beharren." Andernfalls komme man nie vom Fleck: "Die Gesellschaft wird sich kaum zum Besseren entwickeln, wenn man nur mit politischen Reinheitsgeboten argumentiert."

Die Sprecherin der Grünen Jugend, Gesine Agena, hingegen betonte im SWR: "Der Ausstieg der Bundesregierung ist zu spät, also erst im Jahre 2022, nicht wie wir gesagt haben 2017." Zudem seien die Sicherheitsmaßnahmen für die AKW katastrophal. "Die tragen wir nicht mit." Eine Zerreißprobe sei es für die Partei aber nicht, weil über den Wunsch nach einem schnellen Ausstieg Einigkeit herrsche.

Ein Sonderparteitag der Grünen entscheidet am Samstag in Berlin, ob die Partei dem Ausstiegsplan der Bundesregierung zustimmt. Der Bundesvorstand hat dies empfohlen. Der Bundestag will am Donnerstag kommender Woche entscheiden.

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