Verhasste Brennelemente-Steuer: Eon will gegen Abgabe klagen

Der größte deutsche Akw-Betreiber Eon will gegen den Erhalt der Brennelemente-Steuer klagen. Der Atomausstieg würde einen Vermögensschaden in Milliardenhöhe verursachen.

Eon will nicht abgeschaltet werden. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Stromkonzerne gehen auf Konfrontationskurs zum schwarz-gelben Atomausstieg. Als erster von vier Kernkraftbetreibern will Eon klagen. Der größte deutsche Energiekonzern begründete den Schritt am Dienstag mit Vermögensschäden in Milliardenhöhe, die mit dem früheren Ausstieg aus der Kernenergie verbunden seien. Schon aus aktienrechtlichen Gründen und zum Schutze seiner über 500.000 Kleinanleger dürfe Eon das nicht hinnehmen, hieß es. Auch RWE droht mit juristischen Schritten.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle gab sich gelassen. Dem Hamburger Abendblatt sagte er: "Ich bin mir sicher, dass unsere Entscheidung Bestand haben wird." Nach dem Koalitionsbeschluss sollen die sieben ältesten deutschen Atommeiler und das AKW Krümmel nie wieder ans Netz gehen.

Eine Klage war erwartet worden, nachdem trotz Laufzeitverkürzung Schwarz-Gelb an der umstrittenen Abgabe festhält. Die Konzerne befürchten Milliardenlasten. Eon erklärte, die Steuer schöpfe Milliardensummen ab, "die nicht mehr für Investitionen in den Umbau des Energiesystems zur Verfügung stehen werden".

Die Steuer sollte dem Bund ursprünglich bis 2016 rund 2,3 Milliarden Euro pro Jahr einbringen. Bleiben acht Meiler abgeschaltet, verringern sich die Einnahmen auf jährlich gut 1,3 Milliarden Euro. Mit der Abgabe sollen die Konzerne an den Milliarden-Kosten zur Sanierung des maroden Atommüll-Lagers Asse beteiligt und so die Steuerzahler entlastet werden.

Konsens mit Opposition und Ländern fraglich

Auch der von Union und FDP angestrebte breite Konsens mit der Opposition und den Ländern zum Ausstieg aus der Atomkraft bis spätestens Ende 2022 ist fraglich. SPD und Grüne machen eine Zustimmung von Nachbesserungen am Ausstiegsfahrplan und am Öko-Strom-Konzept abhängig. Widerstand gibt es auch gegen die Pläne der Bundesregierung zum Netzausbau. Das schwarz-gelb regierte Niedersachsen lehnt eine zentrale Planung neuer Trassen für Hochspannungsleitungen durch die Bundesnetzagentur ab.

Union und FDP hatten den Ausstieg bis spätestens 2022 beschlossen. Der Großteil der Atommeiler soll bis 2021 vom Netz. Falls es Probleme bei der Energiewende gibt, könnten die letzten drei Meiler erst zum 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. Ein Altmeiler soll als "Kaltreserve" für Notfälle bereitstehen.

Nach Darstellung der Grünen wird mit diesen Plänen eine Notlage riskiert. Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, die Atommeiler würden keineswegs schrittweise abgeschaltet, sondern abrupt in zwei Schüben. "Damit steuern wir sehenden Auges auf eine Situation zu, in der die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit akut gefährdet werden."

Bis Ende 2021 werde keines der neun jüngeren AKW vom Netz gehen, sagte Trittin weiter. Der schwarz-gelbe Ausstieg entpuppe sich als Laufzeitgarantie für Atomkraftwerke. "Tatsache ist: Vor dem 31.12.2021 ist keine weitere Stilllegung geplant."

Die acht vom Aus bedrohten Atomkraftwerke könnten nach Ende des Moratoriums Mitte Juni wieder für einige Wochen angefahren werden. Das ergibt sich aus dem Entwurf für ein neues Atomgesetz, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Dort heißt es, dass die Stilllegung mit Inkrafttreten des Gesetzes in Kraft tritt.

Bis Ende Juni soll der Bundestag abgestimmt haben

Wegen Bedenken bei den Bundestagsfraktionen, die sich gegen ein Durchpeitschen des Atomgesetzes durch das Parlament wehren, könnte sich die Verabschiedung bis nach der Sommerpause verschieben.

Das Bundeskabinett will das Paket mit sechs Gesetzesvorhaben am nächsten Montag beschließen, bis Ende Juni soll der Bundestag abstimmen. Ein Großteil des Gesetzespakets ist im Bundesrat allerdings nicht zustimmungspflichtig, darunter das Atomgesetz.

Für diesen Freitag hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bundesländer geladen, um für Unterstützung der Beschlüsse von Union und FDP zu werben. In SPD-geführten Ländern stößt vor allem das Vorhaben auf Kritik, einen der stillgelegten Meiler bis 2013 als "Kaltreserve" für mögliche Engpässe bereit zu halten.

In Bayern hat der Ausstiegsbeschluss zu einer ernsthaften Regierungskrise der dortigen Koalition aus CSU und FDP geführt. Ministerpräsident Horst Seehofer kritisierte seinen Stellvertreter Martin Zeil (FDP) scharf, der die Berliner Einigung ein Risiko genannt hatte. Seehofer warf dem liberalen Koalitionspartner in München vor, Parteiinteressen über das Wohl des Landes zu stellen.

Das grün-rot regierte Baden-Württemberg fordert Gaskraftwerke, um mögliche Versorgungsrisiken abzufedern. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kritisierte, die Bundesregierung setze beim Ausbau erneuerbarer Energien zu einseitig auf Windkraft auf hoher See. Ein Deckel von 3,5 Cent pro Kilowattstunde bei der Vergütung der Öko-Strom-Einspeisung sei nicht akzeptabel.

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