Prozess um Misshandlungen bei Bundeswehr: Schuldspruch nach Absprache

Sieben Soldaten, die wegen des Skandals um Misshandlungen in der Kaserne Coesfeld angeklagt waren, gehen straffrei aus. Allerdings müssen sie die Kosten für den langen Prozess tragen.

Einer der Tatorte in der Freiherr-von-Stein-Kaserne zu Coesfeld. Bild: ap

MÜNSTER dpa | Schlussstrich unter ein dunkles Kapitel der Bundeswehr: Fast sieben Jahre nach dem Skandal um gequälte Rekruten in einer Kaserne in Coesfeld sind sieben frühere Bundeswehr-Soldaten schuldig gesprochen worden. Die geständigen Männer gehen wegen einer Absprache zwar straffrei aus, müssen aber den Großteil der Kosten des langjährigen Verfahrens tragen. Das urteilte das Landgericht Münster am Donnerstag.

"Es ist etwas passiert, das nicht hätte passieren dürfen", sagte Richter Michael Skawran. Er hoffe, dass die juristische Aufarbeitung der Vorfälle endgültig abgeschlossen sei.

Im Sommer 2004 waren bei vier Übungen mehr als 160 Soldaten gefesselt, misshandelt und gedemütigt worden. Dafür waren einmal ursprünglich 18 Soldaten angeklagt gewesen. Die Rädelsführer sind 2007 zu Freiheitsstrafen verurteilt worden.

In Münster standen nun die letzten sieben Soldaten in einem Revisionsprozess vor Gericht, weil sie die Rekruten überrumpelt, gefesselt und an die eigentlichen Quäler weitergereicht hatten. Von jenen Soldaten waren die Rekruten danach mit Tritten, Schlägen oder Stromstößen traktiert worden.

Nach dem Vorfall hatte kein Soldat Anzeige erstattet, manche Opfer hatten sich im Rückblick sogar begeistert geäußert. "Die fanden es total geil", erinnerte sich ein Angeklagter am Donnerstag. Solche rüden nachgestellten Verhöre sind nur in drei anderen Ausbildungscamps erlaubt - und nur unter psychologischer Betreuung.

Schwere persönliche Krisen

Die sieben seien von allen Beschuldigten "am Gesamtgeschehen am geringfügigsten beteiligt" gewesen, sagte Skawran. Die Männer hätten nach dem Rauswurf aus der Truppe schwere persönliche Krisen erlebt.

Die Kosten, die in einem ersten Prozess und der Revision angefallen sind, summieren sich jeweils auf mindestens 20.000 Euro. Das Urteil ist das Ergebnis einer Absprache zwischen dem Gericht und den heute 30 bis 36 Jahre alten Männern. Für zwei Angeklagte bleiben rechtskräftige Geldstrafen aus Randaspekten des ersten Prozesses bestehen.

Einer hatte für ein Foto wie ein Großwildjäger mit dem Fuß auf einem gefesselten Rekruten posiert, einer anderer Kabelbinder besonders fest gezurrt. Die übrigen Tatvorwürfe bleiben straffrei. Die Freiherr-vom-Stein-Kaserne - der Tatort - steht heute leer.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.