Bayer-Pipeline im Rheinland: Giftgasfluss weiter gestoppt

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf verbietet den Betrieb der Kohlenmonoxid-Pipeline im Rheinland. Kein ganzer Sieg für die Anwohner. Den Richtern ging es nur um die Erdbeben-Sicherheit.

Protestkreuz über dem Verlauf der Pipelinetrasse. Bild: dpa

DÜSSELDORF dpa | Durch die umstrittene 67 Kilometer lange Kohlenmonoxid-Pipeline im Rheinland darf weiterhin kein giftiges Gas fließen. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht stufte die Genehmigung der Pipelinepläne durch die Düsseldorfer Bezirksregierung am Mittwoch im Hauptverfahren als rechtswidrig ein. Die Erdbeben-Sicherheit der 67 Kilometer langen Rohrleitung sei nicht ausreichend geprüft worden. So seien die oberirdischen Anlagen bei der Prüfung vergessen und das Phänomen der Bodenverflüssigung im Fall eines Erdbebens nicht ausreichend berücksichtigt worden.

"Wir haben gewonnen, das freut uns", sagte Klägeranwalt Joachim Hagmann, der einen Anwohner der Trasse vertritt. Aber auch Bayer als Betreiberin der Pipeline zeigte sich mit dem Richterspruch zufrieden: "Wir sehen das Urteil als grundsätzlich positiv", sagte ein Bayer-Justiziar. "Die geringfügigen Nachbesserungen zur Erdbeben-Sicherheit sind unproblematisch." Das Gericht habe dafür keine grundsätzlichen Bedenken bei Material, Trasse und sonstiger Sicherheit.

Auch rechtliche Probleme etwa bei der Enteignung der Grundstücksbesitzer oder mit dem 2006 eigens erlassenen Pipeline-Gesetz des NRW-Landtags sah das Gericht nicht. In zwei Punkten stellten sich die Düsseldorfer Richter gegen das Oberverwaltungsgericht Münster. Die höhere Instanz hatte im Eilverfahren Probleme mit dem Verlauf der Trasse und dem eigens erlassenen Pipeline-Gesetz geltend gemacht. Deswegen prüfen nun die Pipeline-Gegner, ob sie trotz ihres Teilerfolgs in Berufung gehen.

Bürgerinitiativen mäßig erfreut

Seite an Seite mit Bayer hatte die Grünen-Politikerin Anne Lütkes als Düsseldorfer Regierungspräsidentin die Pipeline-Genehmigung verteidigt. Angesichts der "gegenwärtigen Gesamtsituation in der Welt" sei es aber nachvollziehbar, dass das Gericht großen Wert auf die Erdbeben-Sicherheit lege, sagte Lütkes nach dem Richterspruch. "Wir werden nun unsere Arbeit machen."

Für die vielen Bürgerinitiativen gegen die Pipeline zeigte sich Erich Hennen aus Duisburg mäßig erfreut: "Wir haben viel erreicht, aber nicht alles, was wir uns gewünscht haben." So sei die Genehmigung keineswegs gänzlich aufgehoben.

Die Pipeline verbindet die Chemiewerke des Bayer-Konzerns in Dormagen und Krefeld-Uerdingen. Im einen Werk fällt Kohlenmonoxid ohnehin an, im anderen muss das Gas für die Kunststoff-Produktion eigens mit Koks aus China produziert werden. Die Pipeline liegt bereits unter der Erde, der Rechtsstreit dauert schon mehrere Jahre.

Zwei Privatleute hatten gegen das Planfeststellungsverfahren geklagt. Sie fürchten den "lautlosen Tod", falls durch ein Leck das hochgiftige und unsichtbare Gas austreten sollte: "Drei Atemzüge, dann tritt der Tod ein." Bürgerinitiativen hatten mehr als 110 000 Protest-Unterschriften gesammelt.

Stolperstein Bodenverflüssigung

Weitere 40 Klagen sind noch anhängig. Bayer wurde das Phänomen der Bodenverflüssigung, das bei Erdbeben auftreten kann, zum Stolperstein. Bei hohen Grundwasserständen und bestimmten Böden kann sich der Untergrund bei einem Erdbeben derart verflüssigen, dass darin sogar Gebäude versinken. Unklar ist, ob sich solche gefährdeten Böden im Trassenverlauf befinden. Der vom Gericht bestellte Sachverständige für die Erdbeben-Sicherheit hatte moniert, dass für eine abschließende Bewertung Daten zu Grundwasserständen und Bodenstruktur fehlten. Im Genehmigungsverfahren war das Phänomen als vernachlässigbar eingestuft worden.

Die Pipeline-Befürworter beziffern den volkswirtschaftlichen Effekt durch das unterirdische Rohr auf 4,2 Milliarden Euro. Arbeitsplätze am Standort Nordrhein-Westfalen würden durch das Projekt gesichert, der Kohlendioxid-Ausstoß werde gesenkt, auch die Umweltbilanz sei positiv. Damit diene die Pipeline eindeutig dem Allgemeinwohl, wie es auch der nordrhein-westfälische Landtag gesehen habe.

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