Was macht eigentlich ... Genosse Stalin?: Wikipedianer nass

Ein Berliner Journalist erflunkerte mal ein Stück Geschichte - am Ende hat's sogar die "Bild" gemerkt.

Mit den Kosaken hatte Stalin es ja gar nicht so - nur mit den Zipfeln. Bild: dpa

Man darf ja auch mal Kollegen loben. Etwa Andreas Kopietz von der Berliner Zeitung. Sein im besten Sinne aufklärerischer Text "Wie ich Stalins Badezimmer erschuf" erschien vor gut sechs Wochen und handelte von einer charmanten Lüge: In einer Rotweinlaune hatte Kopietz den Wikipedia-Eintrag zur Karl-Marx-Allee (vormals Stalinallee) um eine frei erfundene Information ergänzt. Wegen ihrer gekachelten Fassaden, lehrte fortan die Internet-Enzyklopädie, hieß die Magistrale im Volksmund "Stalins Badezimmer".

Das war so gut ausgedacht, dass es bald viele andere Schreiber aufgriffen. Von da bis zum Gemeinplatz ist es im Internet nur ein paar Klicks; aber als Kopietz, vom schlechten Gewissen geplagt, alles wieder löschen wollte, wurde das von eifrigen Wikipedianern vereitelt. "Und seitdem ist es die Wahrheit, dass die Karl-Marx-Allee zu DDR-Zeiten im Volksmund Stalins Badezimmer genannt wurde", konkludierte der Autor süffisant.

Natürlich hat längst auch Wikipedia dazugelernt. Klärt über die Stalin-Ente auf, verlinkt pflichtgemäß zu Kopietz' Artikel. Gerade aus dem Bett gefallen ist dagegen die Bild-Zeitung: Erst am Freitag meldete sie die Story als großen "Schwindel", der "keinem der Verantwortlichen des Internet-Lexikons" aufgefallen sei. Nun habe der Schummler aber "alles zugegeben". Ein echter Scoop!

Was uns auch noch wundert, ist die Tatsache, dass Wikipedia einen wahren Spitznamen ignoriert: Bekanntlich wurden die Tortürme an der Stalinallee scherzhaft "Kosakenzipfel" genannt - ein Begriff, den ein westdeutscher Komiker später in anderem Zusammenhang unsterblich machen sollte. Vielleicht ergänzt das mal einer der Verantwortlichen?

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