Schafft mehr Polizei mehr Sicherheit in der U-Bahn?: "Aufpassen allein bringt wenig"

Mehr Polizei erhöht das Sicherheitsgefühl, sagt der Politologe Leon Hempel. Doch wichtiger sei qualifizierte Kommunikation mit den Fahrgästen.

Videoüberwachte U-Bahn in Berlin Bild: dpa

taz: Herr Hempel, Sie haben erforscht, wie man das Sicherheitsgefühl von Fahrgästen im öffentlichen Nahverkehr erhöhen kann. Ist der Einsatz von mehr Polizisten in U-Bahnhöfen ein gutes Konzept?

Leon Hempel: Unsere Studien zeigen, dass die Präsenz der uniformierten Exekutive tatsächlich den stärksten Effekt hat, wenn es um das subjektive Sicherheitsgefühl der Fahrgäste geht.

Also reicht bloße Präsenz?

Leon Hempel, Politologe am Zentrum für Technik und Gesellschaft der TU Berlin, leitet das Projekt SuSiteam, bei dem das Sicherheitsempfinden von Fahrgästen erforscht wird.

Nein. Sicherheit erzielt man vor allem durch Kommunikation. Wenn da zum Beispiel zwei Aufpasser nur vorn in der Bahn sitzen, bringt das natürlich weniger, als wenn sie die Passagiere zur Selbsthilfe anleiten.

Das kann nicht jeder.

Deshalb würde ich erheblich in die Qualifikation des Personals investieren. Besser als Polizisten wären zudem Mitarbeiter vor Ort, die eine hohe Identifikation mit dem Verkehrsunternehmen haben, die wissen, dass sie sich in einem öffentlichen Raum befinden, in dem es auch Spannungen gibt. Und selbst bei den Polizisten kommt es darauf an, wer da eingesetzt wird und wo.

Wieso?

Bisher sind etwa bei der S-Bahn vor allem Bundespolizisten im Einsatz. Deren Blick ist auf bestimmte Täterprofile angelegt. Denen fehlt die Perspektive für die Sicht der Fahrgäste.

Wo bringt der Einsatz zusätzlichen Personals am meisten?

Jedenfalls nicht am Hauptbahnhof. Da ist die soziale Kontrolle durch andere Passagiere hoch. Wenn man die 60 Beamten dazustellt, ist das nur eine Prestigeaktion, um das Thema aus dem Wahlkampf zu bekommen.

Wo würden Sie das Personal hinstellen?

Nach Lichtenberg, Strausberg, Oranienburg. Denn besonders das Allein-unterwegs-Sein am Abend oder in der Nacht wird als bedrohlich empfunden.

Die Polizei kann nicht überall sein. Deshalb soll auch die Videoüberwachung ausgebaut werden. Beobachter vor den Überwachungsschirmen in der Leitzentrale sollen sich bei Bedarf per Lautsprecher im jeweiligen Bahnhof bemerkbar machen. Ist das sinnvoll?

Das ist als Interaktionsmodell erst mal zu begrüßen. Die Videoüberwachung macht quasi auf sich selbst aufmerksam. Der Aktionsgrad zwischen technischem Gerät und Kunde wird erhöht. Und durch Kommunikation wächst das Sicherheitsgefühl.

Wächst nur das Gefühl oder tatsächlich die Sicherheit?

Das kann ich nicht sagen. Das müsste man langfristig wissenschaftlich begleiten.

Keine Kamera, nicht mal eine sprechende, kann einem Opfer vor Ort helfen.

Deshalb muss es bei Videoüberwachung vorrangig darum gehen, die Einsatzzeiten bei Notfällen unter eine Minute zu bringen. Das passiert aber in der Regel gar nicht. INTERVIEW:

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.