Mutmaßlich rechter Hintergrund: Brandanschlag nach Gartenparty

In der Nähe von Stuttgart sollen Rechtsextreme eine Hütte abgefackelt haben, in die Migranten aus Angst flüchteten. "Ich habe uns schon tot gesehen", sagt ein 18-Jähriger.

Von der Hütte ist nur noch Schutt und Asche übrig. Bild: dpa

BERLIN taz | Winterbach bei Schorndorf, 7.700 Einwohner, schwäbische Provinz. Hier sollen Rechtsextreme am Wochenende eine Gartenlaube abgefackelt haben, in der sich eine Gruppe junger Männer mit italienischen und türkischen Wurzeln vor den Angreifern verschanzt hatte. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung.

"Ich habe uns schon tot gesehen", sagte eines der Opfer der taz. Der 18-Jährige Winterbacher hatte am Samstagabend mit acht Freunden vor einer Gartenhütte außerhalb des Ortes gegrillt. Ihr großes Pech: Gleich in der Nähe feierte eine Gruppe von 20 bis 30 Rechten ein Geburtstagsfest.

Die braunen Gäste kamen nicht nur aus der Umgebung, sondern auch aus dem Süden Baden-Württembergs und dem Saarland. Das Gartengrundstück gehört laut Ermittlern einem 35-Jährigen, der polizeibekannt sei und seit Jahren der rechten Szene angehöre. Nach taz-Informationen fand dort im vergangenen September auch ein Konzert der rechtsextremen Skinheadband "Kinderzimmerterroristen" aus Thüringen statt.

In der Nacht zum Sonntag kam es dann laut Polizei zu einem Streit zwischen den beiden Gruppen. Einer der jungen Migranten soll von einem der Rechten fast mit dem Auto umgefahren worden sein, Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten folgten. Schließlich flüchteten fünf der Jungs in die Hütte - die kurze Zeit später in Flammen stand. Gerade noch konnten sich die Männer retten.

"Scheiß Kanake"

Einen 18-jährigen Italiener verfolgten die Rechten und riefen ihm angeblich "Scheiß Kanake" nach, wie dieser der taz am Montag berichtete. Drei Angreifer hätten auf ihn eingetreten, ihm eine Rippe gebrochen und ihn am Knie verletzt.

Die Polizei hatte noch am am Sonntag 14 Männer vorläufig festgenommen, die allesamt aus dem rechten Spektrum stammen sollen. Allerdings musste sie die Verdächtigen am Montag erst mal wieder laufen lassen, "da eine direkte Beteiligung jedes Einzelnen an der Brandstiftung bisher nicht nachgewiesen werden konnte", wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der Polizeidirektion Waiblingen am Nachmittag hieß.

Wie genau die Gartenlaube angezündet wurde, sei bisher unklar, so die Ermittler. Eines der Opfer sagte, er habe einen der Rechten mit einer Art Fackel in der Hand gesehen.

Bereits vor zehn Jahren war der Rems-Murr-Kreis, in dem Winterbach liegt, wegen rechtsextremer Übergriffe in die Schlagzeilen geraten: Ein Asylbewerberheim wurde angezündet, kurz darauf schlugen Neonazis einen Griechen brutal zusammen.

Damals reagierte der Landkreis und richtete eine "Fachstelle Rechtsextremismus" ein, die Polizei schuf eine "Koordinierungsstelle Rechtsextremismus", kurz Korex. Das Modell wurde überregional gelobt, und von 2006 an ist die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten tatsächlich zurückgegangen.

Jetzt fängt die Arbeit wieder ganz von vorne an.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.