Petition für Irakerin: Kirche kämpft für Irakerin

Mit einer Petition will die evangelische Kirche erreichen, dass sich die Bürgerschaft für den Verbleib der nach Hamburg geflohenen Irakerin einsetzt.

Bleibt bis auf Weiteres im Kirchenasyl: die von London nach Hamburg geflohene Irakerin. Bild: Emilia Smechowski

HAMBURG taz |Der Kirchenkreis Hamburg-Ost will mit einer Petition erreichen, dass die vor einer Zwangsheirat geflohene junge Irakerin in Hamburg bleiben kann. "Hamburg soll sich für den Fall einsetzen", sagt Gisela Nuguid, beim Kirchenkreis zuständig für Asyl und Migration. Noch in dieser Woche wolle man sich an den Eingabeausschuss der Bürgerschaft wenden.

Das Hamburger Verwaltungsgericht hatte den Asylantrag der Irakerin im Eilverfahren abgelehnt. Die Entscheidung in der Hauptsache wird erst für den 2. Mai erwartet.

Unterstützung für seine Petition erhofft sich der Kirchenkreis von einer Stellungnahme des Referats für Opferschutz der Sozialbehörde, die der Eingabe beigelegt werden soll. Zwar hat die Behörde sich nicht mit dem Fall der Irakerin beschäftigt, wohl aber allgemein die Gefährdung von Frauen bestätigt, die sich einer Zwangsheirat entziehen. Die behördliche Erfahrung zeige, dass die sich in ihrer Ehre verletzt fühlenden Familien den Aufenthaltsort der Flüchtigen recherchierten.

Offenbar weitaus harmloser hatte das Verwaltungsgericht die Bedrohungslage eingestuft: Die Richterin riet der Irakerin, sich für die Hochzeitsnacht das Jungfernhäutchen zunähen zu lassen. Dann müsse sie auch keine Angst mehr um ihr Leben haben. Seit Wochen lebt die Frau unter falschem Namen im geheimen Kirchenasyl in Hamburg.

Die Hamburger Sozialbehörde sei derzeit machtlos, sagt deren Sprecher Rico Schmidt. Entscheidend sei die Rechtslage nach der Dublin-II-Verordnung. Danach kann ein Flüchtling nur in dem EU-Land einen Asylantrag stellen, das er zuerst betreten hat. Bei der jungen Irakerin ist dies Großbritannien. Weil sie die Rache der dort lebenden Familienmitglieder fürchtete, war sie weiter nach Hamburg geflohen.

"So unglücklich dieser Fall auch ist, wir haben als Behörde die geltende Rechtslage zu beachten", sagt Schmidt. Formal zuständig für den Fall ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - und dort hat man bislang keine außergewöhnlichen humanitären Gründe gesehen, aufgrund deren Deutschland das Asylverfahren an sich ziehen müsste. "Wir hoffen einfach, dass die Bürgerschaft ihren Einfluss geltend machen kann und das Bundesamt zu einer anderen Einschätzung kommt", erklärt Niguid das Vorgehen der Kirche.

In den Hamburger Beratungsstellen für die Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsverheiratung, die 2007 von der Sozialbehörde eingerichtet wurden, hält man die Aussagen der jungen Frau für glaubhaft. Die Beraterinnen sind über den Beschluss des Verwaltungsgerichts geschockt. "Ich würde ihr empfehlen, in der Kirche zu bleiben", sagt eine Mitarbeiterin der Beratungsstelle Ibera. Den Rat, sich das Jungfernhäutchen wieder zunähen zu lassen, würde keine Opfer-Beratung geben.

"Wir versuchen den jungen Frauen die Augen zu öffnen", sagt eine Beraterin der zweiten Beratungsstelle Lâle. In vielen Fällen müssten die Betroffenen erst einmal verstehen, dass es kein Verbrechen sei, keine Jungfrau mehr zu sein. "Wir reden mit ihnen über Liebe und das was sie kennen, über Romeo und Julia oder 1001 Nacht".

Ibera und Lâle haben im letzten Jahr 132 Beratungen zu vollzogener oder angedrohter Zwangsheirat durchgeführt, mit steigender Tendenz. Es sind Schicksale wie das der 2008 von ihrem ältesten Bruder getöteten Morsal O. aus Hamburg, die dazu führen, dass die Bekanntheit der Beratung steigt und der Zulauf größer wird.

Die Lâle-Beraterin sieht in der geflohenen Irakerin ein gutes Beispiel einer mutigen Frau. "Aber wenn sich eine wehrt, wird ihr nicht geholfen - was für eine Doppelmoral."

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