Spekulationen um autonomes Zentrum: Poker um die Rote Flora

Der Besitzer des autonomen Stadtteilzentrums Kretschmer geht rechtlich gegen die Nutzungsbindung vor. Olaf Scholz sieht keinen Handlungsbedarf.

Auch so kann das Stadtteilzentrum genutzt werden: Altensingen in der Roten Flora im Jahr 1990. Bild: Marily Stroux

HAMBURG taz | Klausmartin Kretschmer, Besitzer der Roten Flora will offenbar um die Zukunft des besetzten autonomen Stadtteilzentrums feilschen. Kretschmer hat den Notar und Ex-SPD-Bürgermeister Henning Voscherau mit einer "Grundbuchbereinigung" beauftragt.

Er will die festgeschriebene Nutzung des Gebäudes als selbst verwaltetes Stadtteilzentrum aus dem Grundbuch entfernen zu lassen, sofern die Stadt nicht selbst die Rote Flora für seinen Traumpreis von fünf Millionen Euro zurückkauft. Kretschmer wollte sich gegenüber der taz nicht näher äußern. "Wenn man ein Objekt verkaufen möchte, ist das ein gängiger Vorgang", sagte er. Es sei jetzt aber nicht an der Zeit, "Öl ins Feuer zu gießen".

Ende März läuft das beim Verkauf der Roten Flora im Jahr 2001 mit Kretschmer vereinbarte zehnjährige Vorkaufsrecht der Stadt aus. Kretschmer hatte das Gebäude auf Initiative des rot-grünen Senats damals für den Schnäppchenpreis von 185.000 Euro erworben, um es nicht zum Wahlkampfthema werden zu lassen.

Nach einem Bericht der Hamburger Morgenpost hat der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die Rote Flora aufgrund des sich anbahnenden Konflikts nun zur Chefsache erklärt. "Quatsch", erwidert Senatssprecher Christoph Holstein. Scholz hatte noch vor zwei Wochen gegenüber der taz beteuert, dass er zurzeit "keinen Handlungsbedarf" sehe. "Niemand hat vor, etwas an dem jetzigen Zustand im Großen und Ganzen zu ändern."

In Flora-Kreisen sieht man in Kretschmers Vorgehen auch eher einen erneuten Erpressungsversuch. "Das ist kein Gesprächspartner, das ist ein Fall für den Staatsanwalt", sagt Marc Meyer, Anwalt der Flora. Schon 2009 hatte Kretschmer dem damaligen schwarz-grünen Senat in einem Interview mit der Zeitschrift Szene gedroht, die Rote Flora zum Machtfaktor der Bürgerschaftswahlen 2012 werden zu lassen. Eine "brennende Flora" würde für schwarz-grün "kein Spaziergang" werden.

Der Versuch des schwarz-grünen Senats im vorigen Herbst, konkret mit Kretschmer über einen Rückkauf ins Gespräch zu kommen, scheiterte. Zwei Mal brüskierte er die Senatsunterhändler und ließ zwei Verhandlungstermine platzen. Denn diese hatten die klare Vorgabe, dass der Rückkaufspreis nicht wesentlich über dem geschätzten Verkehrswert von 1,2 Millionen Euro liegen dürfe. Kretschmer wollte aber vier bis fünf Millionen Euro für die Immobilie kassieren.

Was der neue Vorstoß soll, ist unklar. Denn laut den Bürgerschaftsdrucksachen von 2001 ist beim Verkauf neben dem Rückkaufsrecht der Stadt eine "unbefristete Nutzungsbindung" als selbst verwaltetes Kulturzentrum sowie ein Bauverbot vereinbart worden.

Die unbefristete Nutzungsbindung würde auch bei einem Verkauf an den neuen Eigentümer übergehen, den möglichen Gewinn über den Verkehrswert müsste Kretschmer an die Stadt abführen. So sieht es auch Hans-Peter Strenge, der damals als Justizstaatsrat die Verkaufsverhandlungen begleitete "Der Sinn war ja, dass Kretschmer mit der Flora nicht spekulativ umgeht und sie dann an Müller oder Meier verkauft."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.