Bezirke fordern Autonomie: Die reformwilligen Sieben

Bezirke wollen eigenständige Finanzverwaltung und weniger Kontrolle von oben. Einsparpotenzial sehen sie bei doppelten Strukturen von Bezirken und Stadt.

Sollen, geht es nach den Bezirken, künftig schneller realisiert werden können: Bauprojekte. Bild: dpa

HAMBURG taz | "Bezirke bedienen bürgernäher, besser, billiger": Lange gefeilt hat der Bezirkschef von Hamburg-Mitte, Markus Schreiber (SPD), an diesem Slogan. Aber der Anlass für derlei Mühen ist auch ein besonderer: Erstmals in Hamburgs Geschichte treten die Amtsleiter aller sieben Bezirke parteiübergreifend und gemeinsam vor die Öffentlichkeit. Ihre gemeinsame Botschaft: Unsere Bezirke sind am Ende, nur eine grundlegende Struktur-Reform kann uns noch retten.

Altonas parteiloser Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose verwies bei der Zusammenkunft am gestrigen Mittwoch auf die Sparrunden der vergangenen Jahre: Die hätten dazu geführt, dass die Bezirke ihre gesetzlichen Aufgaben "kaum noch erfüllen" könnten. Dabei könnte offenbar noch viel eingespart werden: "Es gibt noch zu viele Doppelplanungen in Hamburg", klagte etwa der Eimsbüttler Bezirkschef Torsten Sevecke (SPD). Zurzeit würde etwa bei Bebauungsplänen jeder bezirkliche Handschlag noch einmal durch einen städtischen Mitarbeiter begutachtet.

Bergedorfs Bezirksamtschef Christoph Krupp (SPD) spricht gar von einer "Misstrauenskultur" zwischen Senat und Bezirken, die dazu führe, "dass über jede Baulücke aufwändig diskutiert" werde: "Wir haben zu viele Beamte, die steuern, und zu wenige, die rudern."

Ein anderes Problem aus Sicht der reformwilligen Sieben: Bezirke bekämen vom Senat zusätzliche Aufgaben aufgedrückt, dafür aber kein zusätzliches Personal. So dürften etwa die neuen Personalausweise nur nach eingehender Beratung ausgegeben werden, was die nötige Zeit beinahe verdreifacht habe - alle Bezirke zusammen kommen auf rund 180.000 neue Ausweise pro Jahr.

45 zusätzliche Stellen bräuchte es, so hat es Harburgs Bezirkschef Torsten Meinberg (CDU) ausgerechnet, um diese Zusatzarbeit zu erledigen, keine einzige sei bislang bewilligt worden. Das Geld, das die erhöhte Gebühr für den neuen Personalausweis einbringt, fließt nämlich nicht etwa in die Bezirke, sondern in den städtischen Haushalt.

Auch dass die Bezirke heute rund 40 Prozent mehr Kita-Gutscheine ausstellen müssen als noch vor wenigen Jahren und allein in Wandsbek unlängst 20.000 Bezirksbescheide zur beschlossenen Erhöhung der Kita-Gebühr erstellt und verschickt werden mussten, hatte kein zusätzliches Personal zur Folge. Ohne mehr Mitarbeiter aber, sagte Cornelia Schroeder-Piller (CDU), Bezirksamtsleiterin in Wandsbek, sei es "bald vorbei mit der Kundenfreundlichkeit unseres Erfolgsmodells Kundenzentrum". Es drohten erheblich längere Wartezeiten.

Von einer gemeinsamen Dienstreise nach Berlin haben die sieben Bezirksfürsten viele Anregungen mitgebracht, wie das Zusammenspiel zwischen Landes- und Bezirksebene besser funktionieren könne: mehr Autonomie und ein eigenes Budget für jeden Bezirk, weniger Kontrolle von oben und weniger Doppelzuständigkeiten zwischen Bezirk und Land. All das wollen die sieben Bezirksverantwortlichen gemeinsam durchsetzen - egal, wer demnächst im Rathaus regiert.

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