Kommentar angeblicher Verfassungsschutz: Spitzel ohne Kontrolle

Wer wie Rolf Gössner einmal in die Fänge der Verfassungsschützer geraten ist, kommt nicht wieder raus - auch wenn er selbst längst Hüter der Verfassung in Robe ist.

Was ist das eigentlich für ein Land, in dem der Geheimdienst einen Verfassungsrichter bespitzeln kann - mit der Begründung, er habe bewusst nicht als Mitglied einer extremistischen Partei agiert? Es sieht aus, als habe das Bundesamt für Verfassungsschutz alles daran setzen wollen, jenem frühen Rolf Gössner Recht zu geben, der im Jahr 1984 (!) mit dem Buch "Der Apparat" das Bild eines ausufernden Polizeistaates zeichnete - und damit einem in linken Kreisen verbreiteten Lebensgefühl eine Fakten-Grundlage verschaffte.

Aber wahrscheinlich gibt es bei den Geheimdiensten einfach nur keine Kontrollmechanismen für angeleierte Überwachungsmaßnahmen. Wer einmal in die Fänge der Verfassungsschützer geraten ist, kommt nicht wieder raus - auch wenn er selbst längst Hüter der Verfassung in Robe ist. Es sei denn er wehrt sich juristisch. Die Behauptung, die Beobachtung Gössners sei 2008 aufgrund einer veränderten Sicherheitslage eingestellt worden jedenfalls, darf als dreiste Lüge gelten.

Dabei wäre es so einfach: Jeder Überwachungsauftrag müsste mit einem Verfallsdatum versehen und bei dessen Ablauf von einer zweiten Instanz begutachtet werden. Und die "Opfer" der Beobachtung müssten davon regelhaft informiert werden - damit sie sich wehren können. Für skandalöse Altfälle wie Gössner müsste eigentlich eine VS-Unterlagenbehörde nach Stasi-Vorbild zuständig sein.

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Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück

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