Streit der Woche: „Wer sich zumüllt, ist selbst schuld"

Wer billig kauft, muss sich nicht über Giftskandale wundern, sagt Spitzenköchin Carmen Krüger. Alle Lebensmittel müssen sicher sein, entgegnet Ministerin Ilse Aigner.

Wie produziert man Würstchen für 99 Cent? Bild: KimC / "photocase"

BERLIN taz | Im Dioxinskandal wehrt sich Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner gegen den Vorwurf, dass es bei Billigproduktion von Lebensmitteln keine Sicherheit geben könne. „Der Preis eines Produktes darf dabei keine Rolle spielen“, schreibt Aigner im Streit der Woche der sonntaz. „Alle Lebensmittel, die in Deutschland verkauft werden, müssen sicher sein.“ Darauf müssten sich die Verbraucher zu jeder Zeit verlassen können.

In dieser Woche wurden auch in Schweinefleisch aus Niedersachsen erhöhte Dioxinwerte nachgewiesen, nachdem zuvor bereits belastete Eier in den Verkauf gekommen waren. Grund war verunreinigtes Futtermittel. Am Freitag stellte Verbraucherschutzministerin Aigner daraufhin einen Aktionsplan Futter- und Lebensmittel vor.

Der aktuelle Dioxinskandal sei eindeutig auf eine kriminelle Handlung zurückzuführen, schreibt Helmut Born, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes im Streit der Woche. „Verbraucher wie Bauern sind Opfer.“ Wenn die Konsequenzen aufgearbeitet seien, sei es allerdings Zeit zu fragen, „warum die Verbraucher in Deutschland Bauern und Lebensmittelwirtschaft permanent über 'Dauerniedrigstpreise' wirtschaftlich so extrem unter Druck setzen.“

Auch Spitzenköchin Carmen Krüger fordert Verantwortungsbewusstsein von den Verbrauchern. „Wer sich selbst zumüllt, ist auch selbst schuld", schreibt sie in der sonntaz. Wenn die Antwort auf die Frage, wie viel Essen kosten dürfe, „möglichst wenig“ sei, verkämen Lebensmittel zu Billigprodukten. „Der Kunde von heute ist ein Geizhals. Und dem wollen Immer-noch-billiger-Anbieter gefallen. Ohne Rücksicht auf Verluste.“

Jürgen Stellpflug, Chefredakteur des Verbraucher-Magazins Öko-Test widerspricht. "Nicht der Verbraucher ist schuld, sondern diejenigen, die das Dioxin ins Futter mischen." Natürlich müssten Konsumenten, die nur billig kauften, sich nicht wundern, wenn sie etwa vermehrt Geschmacksverstärker mitessen würden. Aber: "Keiner kauft freiwillig Gift in Lebensmitteln." Dioxin stehe eben nicht kleingedruckt unter den Inhaltsstoffen. „Damit ist der Verbraucher aus der Verantwortung.“

Im Streit der Woche in der sonntaz diskutieren außerdem Nicole Maisch, die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, die Autorin Karen Duve, taz.de Leser Torsten Schober und Kathrin Hartmann, die in ihrem Buch "Ende der Märchenstunde" gegen die These argumentiert, die Verantwortung für eine gerechtere Welt liege nur in den Händen der Verbraucher.

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