Wie Handys uns an die Werbung verraten: "Benutzen sie noch ein Klapptelefon?"

Handys verraten viel beim Surfen: Darunter Modell und eindeutige Nummer, die UUID. In den USA kriegen Besitzer alter Handys schon gezielt Werbung für Neue. Das ist nur der Anfang.

Schon wieder Werbung für das neue Nokia Handy? Bild: imago/geisser

BERLIN taz | In den USA haben Mediaagenturen damit begonnen, sogenannte "Abfang-Reklame" auf Handys zu platzieren. Damit gemeint sind Werbekampagnen, die sich gezielt an Besitzer bestimmter Geräte wenden, um ihnen dann vermeintlich bessere Mobiltelefone der Konkurrenz aufzuschwatzen.

Solche "Intercept Campaigns" veranstaltet laut einem Bericht des Wall Street Journal aktuell der finnische Handykonzern Nokia. Wer dann mit dem (tatsächlich recht alten) "Razr" von Motorola auf bestimmten Seiten surft, bekommt den wenig dezenten Hinweis, er (oder sie) solle sich doch einmal das "Nokia Twist" ansehen, das sei doch viel besser. "Benutzen sie noch immer eines dieser Aufklapptelefone?"

Technisch möglich sind solche Reklameaktionen, weil Handys beim Surfen erstaunlich viel von sich verraten – unter anderem ist häufig der Gerätetyp identifizierbar. Das macht es einfach, Zielgruppen in diesem Bereich konkret anzusprechen.

Neben Nokia arbeitet auch Research In Motion, Hersteller des Blackberry, mit ähnlichen Methoden. Hier werden Nutzer von Konkurrenzmodellen mit einem "Erkenne den Unterschied!" angesprochen – und Besitzer älterer Blackberry-Modelle erhalten die Aufforderung, sich doch einmal eines der neueren Geräte anzusehen.

Wer mit Handy oder Smartphone surft und Programme (Apps) nutzt, verrät potenziell mehr über sich als am heimischen PC. So hat jedes Gerät eine eindeutige Identifizierungsnummer, die sogenannte UUID. Diese kann beispielsweise ausgelesen werden, wenn der Nutzer eine App startet – und dann ohne sein Wissen beim Entwickler solcher Programme landen.

Für Werbetreibende und Marketingleute ist die UUID ein Traum: Kann sie ausgelesen werden, lässt sich ein Nutzer über mehrere Handy-Anwendungen hinweg verfolgen, denn er hat ja stets diese eindeutige Nummer. Auf dem Desktop-Rechner im Web ist das weniger einfach: Hier gibt es "nur" die sogenannten Cookies, kleine Datenkrümel, die Nutzer neben der (häufig wechselnden) Internet-Adresse identifizierbar machen. Doch die lassen sich problemlos löschen, wenn man weiß, wie – die UUIDs niemals.

Derzeit beginnen große Anbieter wie Google und Apple, eigene Reklamenetze für Handys aufzuziehen. Hier werden Werbetreibende zwar keine einzelnen UUIDs ansprechen können, genaue Zielgruppen aber durchaus. Entsprechende Daten sind vorhanden – aus Googles Datenbank von App-Käufen beispielsweise oder Apples Archiv an Filmen, Musik und TV-Sendungen, die ein Nutzer über iTunes erworben hat. Immerhin gibt es bei letzterem die Möglichkeit, ein "Opt-Out" durchzuführen – sich also abzumelden.

Leitet ein Anbieter den Nutzer auf ein Angebot um, das mittels der eigentlich längst veralteten WAP-Technik erstellt wurde, wird es potenziell richtig übel. Die meisten Handys surfen inzwischen wie PCs mit HTML-Technik. Doch wer mit seinem Handy noch auf den alten WAP-Standard zum Surfen angewiesen ist, muss feststellen, dass die Technik einige Schnüffelei von Außen zulässt.

Mit Hilfe zwischengeschalteter Identifizierungsdienste lassen sich etwa – mit freundlicher Unterstützung vieler Netzbetreiber – Rückschlüsse auf die Nummer des Gerätebesitzers ziehen. Zwielichtige Firmen nutzen dies aus, um Handynutzern mit wenigen Klicks kostenpflichtige Abos anzudrehen, die dann "bequem" über die Telefonrechnung abgebucht werden. Wer in solche Fallen tappt, hat viel Ärger.

Und dann wäre da noch die Fähigkeit vieler Smartphones, die aktuelle Position des Nutzers mittels Satellitennavigationschip zu identifizieren. Hier fragen zwar aktuelle Betriebssysteme wie iOS (Apple) und Android (Google) den Nutzer stets, ob sie das wünschen. Doch solche Warnungen sind schnell weggeklickt – insbesondere dann, wenn Datensammler beispielsweise Rabatte für sogenannte "Check-ins" versprechen, wie das bei ortsbasierten sozialen Netzwerken wie "Foursquare" oder "Facebook Places" der Fall ist.

Auch hier kommen in den nächsten Jahren nervige Werbeformen auf uns zu: Wer dann beispielsweise eine Filiale einer Kleider-Discountkette betritt, könnte bei der Benutzung eines entsprechenden Apps oder einer bestehenden Verbindunug ins Internet Reklame der Konkurrenz auf der Straßenseite gegenüber auf sein Smartphone gespielt bekommen.

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