Russischer Regierungschef in Berlin: Putin will "Industrialisierungswoge"

Wladimir Putin will einen gemeinsamen Wirtschaftsraum mit Europa und wirbt dafür in Berlin. Darüber, ob Russland damit seinem Ziel WTO-Beitritt näher kommt, herrscht aber kein Einvernehmen.

Allzu warmherzig geben sich Angela Merkel und Wladimir Putin selten miteinander. Das betrifft auch wirtschaftliche Fragen. Bild: ap

BERLIN dpa | Der russische Regierungschef Wladimir Putin kommt am Freitag in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen. Vor dem Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft und bei einem Kongress von Wirtschaftsführern wird er über seinen Vorschlag eines gemeinsamen Wirtschaftsraums mit Europa sprechen. Ein wichtiges Thema mit Angela Merkel dürften die Pläne des Gas-Konzerns E.on sein, bei dem russischen Gasriesen Gazprom auszusteigen. Bislang ist E.on Gazproms größter Auslandsinvestor.

Wladimir Putin stellt sich den Handel Russlands mit der Europäischen Union in Zukunft ohne Zollbeschränkungen und mit ungebremstem Warenaustausch, als einen "gemeinsamen Kontinentalmarkt" vor. Das Ziel müsse "die Gestaltung einer harmonischen Wirtschaftsgemeinschaft von Lissabon bis Wladiwostok" sein, schreibt Putin in einem Gastbeitrag für die sueddeutsche. Künftig "kämen eventuell auch eine Freihandelszone, gar noch fortgeschrittenere wirtschaftliche Integrationsformen in Frage".

Angela Merkel hatte sich dazu am Donnerstag eher zurückhaltend geäußert. Russlands letzte Schritte wiesen "nicht gerade in die richtige Richtung". Zunächst müsse Moskau auch Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) werden. Der Russlandkoordinator der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU), sagte der Stuttgarter Zeitung: "Freihandel würde Rechtssicherheit, Investitionssicherheit, ein gemeinsames Wertefundament voraussetzen. Diese Kriterien sind noch nicht erfüllt."

Russland will im kommenden Jahr in die WTO aufgenommen werden. Eine Einigung mit der EU gab es bereits über die Abschaffung von Exportzöllen auf Rohstoffe wie Holz. Damit könnten etwa die Rohstoffkosten für die Papierindustrie in Europa sinken. Mit dem Abkommen gibt die EU auch ihre Blockade eines WTO-Beitritts Russlands auf. Die Zölle sollen nach dem Beitritt in die Organisation auslaufen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) und der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold hingegen begrüßten Putins Vorstoß. Mangold nannte Putins Vorschlag in den ARD-Tagesthemen zwar eine "enorm gute Idee", sah in den Gesprächen darüber aber vor allem den Vorteil, "dass wir Dinge abarbeiten können, die immer wieder Schwierigkeiten gemacht haben, zum Beispiel die leidige Frage der Visa, Zollkontrollen, die Frage der Bürokratie, des Abbaus von Handelsschranken".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.