US-Blogosphäre vor Kongresswahlen: "Spült die Liberalen die Toilette runter"

Im Netz sind die Wahlen in den USA entschieden: Rechte Blogger feiern ihren wahrscheinlichen Sieg - und schießen gegen die Linke. Die vermag nicht, zurückzuschlagen.

Nicht nur das Netz, auch Amerikas Straße ist derzeit fest in ultra-konservativer Hand. Voran schreitet munter die Tea Party Bewegung. Bild: rtr

BERLIN taz | Allen Umfragen zufolge wird sich die Landkarte Amerikas am Dienstagabend rot färben. Dann, wenn die TV-Sender die Ergebnisse der Zwischenwahlen verkünden. Rot ist seit dem Präsidentschaftswahlkampf 2000 die Farbe der Republikaner, das für die Demokraten verwendete Blau wird hingegen wohl aus vielen Landstrichen verschwinden. In den rechten Blogs der USA wird der Sieg schon vorab als garantiert gefeiert. Und die Linke mit Spott übergossen. Doch wer glaubt, die Linke mache am Tag der Entscheidung noch einmal mobil, der täuscht. Die unglaubliche Netzbewegung, die US-Präsident Barack Obama vor zwei Jahren mit zum Sieg getragen hat, scheint sich in das Schicksal der demokratischen Niederlage zu ergeben. taz.de hat sich am Tag der Entscheidung auf eine Reise durch die politische Blogosphäre Amerikas begeben.

Tea Party Patriots

Sie haben der Linken in den vergangenen Monaten in punkto Medienaufmerksamkeit den Rang abgelaufen: Die rechte Tea Party Bewegung dominiert die Protestszene in den USA. Die Tea Party Patriots, eine Form der ultra-konservativen Stimmungsmacher, fordert ihre Anhänger auf: "Dienstag werde ich wählen gehen – für Freiheit und die Wiederherstellung der amerikanischen Verfassung. Wirst Du mich unterstützen?" Und die Kollegen von teaparty.org skandieren: "Es ist Zeit, die Demokraten die Toilette herunterzuspülen" - passend illustriert mit einem Toilettensitz in den patriotischen Farben der amerikanischen Flagge.

Rightwingnews

Der rechte Blogger John Hawkins gibt sich siegessicher: Die Republikaner werden die Linken vernichten und das natürlich zu Recht: "Die Demokraten haben das größte Konjunkturpaket in der Geschichte des Landes verabschiedet und versprochen, Jobs zu schaffen. Und stellt euch vor: Wir haben ein riesiges Defiztit, aber keine Jobs." Hawkins findet die Liberalen kindisch: Sie müssten endlich einsehen, dass sie die Niederlage verdient hätten, so der Blogger. "Sie sollten anfangen, sich wie Erwachsene zu benehmen – und weniger wie … Liberale."

Powerline

Hinter Powerline verstecken sich beinharte konservative amerikanische Anwälte und Autoren, auf deren Nachttischen so illustre Lektüren wie "Radical in Chief" ("Ein Radikaler als Anführer") und "Rules for Radical Conservatives" ("Regeln für radikale Konservative") liegen – die Kaufempfehlung wird natürlich mitgeliefert. Ebenso, wie eine klare Position zu Barack Obama: "Obamas politische Welt wird erschüttert werden", wird Peter Wehner vom konservativen "Ethics and Public Policy Center" auf Powerline zitiert. Wehner ist sich sicher: "Die Gefahr für Barack Obama wird es sein, dass er nach der herben Niederlage seiner Partei wenig Selbst-Reflexion zeigen wird."

Talking Points Memo

Brian Beutler wirft auf dem liberalen Blog "Talking Points Memo" eine defätistische Frage auf: "Demokraten – lebende Tote?" Beutler verzichtet in der heißen Phase des Wahltages darauf, noch mobil zu machen. Viel lieber listet er die untoten demokratischen Kandidaten auf, die sich zwar zur Wahl stellen, aber selbst von der eigenen Partei schon aufgeben wurden. "Wenn ihr heute Abend mitzählt, haltet nicht bei diesen Kandidaten die Luft an", schreibt Beutler. Die Anstrengung lohnt nicht mehr.

Firedoglake

Der linke Blogger "Attaturk" hält es mit Galgenhumor: "Ich werde es vermeiden, die Ergebnisse anzusehen … und die Zeit lieber pfeifend neben einem Friedhof verbringen." Trotzdem ruft er seine Leser noch pflichtschuldig auf, wählen zu gehen – wohl zur Ergebniskosmetik.

Americablog

Gott sei Dank! Nach einer langen Reise durch die amerikanische Blogosphäre, findet sich noch ein weiterer linker Wahlaufruf. "Eine großartige Nation verdient die Wahrheit", ist der Untertitel des Americablog, und Joe Sudbay lässt sich in die Pflicht nehmen: "Heute müssen wir alle wählen gehen. Einfach nur wählen. Es bedeutet etwas." Doch die Wahrheit ist auch: Der Aufruf kommt reichlich müde daher.

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