Abschaffung der Wehrpflicht: Studenten-Welle befürchtet

Die deutschen Hochschulen warnen: Bei einer Aussetzung der Wehrpflicht kämen mehr Studienbewerber auf sie zu. Das würde vor allem für Männer zum Problem.

"Bildungsstreik" im Sommer: Nun drohen den Hochschulen neue Probleme. Bild: dapd

BERLIN dapd | Nach den Sozialverbänden warnen nun auch die Hochschulen vor ungewollten Nebeneffekten bei der Aussetzung der Wehrpflicht: Die Hochschulrektoren rechnen mit bis zu 20.000 zusätzlichen Studienanfängern im kommenden Jahr.

Dies bedeute einen verschärften Ansturm auf die Universitäten, sagte die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, am Dienstag in Berlin. Der Bedarf an besserer Ausstattung werde dadurch "noch dringlicher". Nötig seien mehr Personal, neue Räume und Labors.

Die jungen Leute dürften nicht einfach nur "durch das Studium geschleust" werden, sondern müssten die bestmögliche Ausbildung bekommen. Kleinere Lerngruppen seien dafür der Schlüssel. Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Ludwig Spaenle (CSU), hatte zuvor prognostiziert, die Hochschulen müssten wegen der geplanten Wehrpflichtaussetzung 2011 bis zu 50.000 neue Studienanfänger aufnehmen.

Die Kultusministerkonferenz habe daher einen Staatssekretärsausschuss damit beauftragt, die Folgen der Aussetzung der Wehrpflicht zu prüfen. "Möglicherweise ist eine Ausweitung des Hochschulpaktes nötig", sagte Spaenle.

Derzeit gibt es laut statistischem Bundesamt etwa 2,1 Millionen Studenten an deutschen Hochschulen. Zusätzliche 20.000 würden demnach nur etwa ein Prozent der Studenten ausmachen. Dennoch könnte ein Aussetzen der Wehrpflicht in einigen Studiengängen tatsächlich zu massiven Engpässen führen.

Der Grund dafür ist simpel: Von der Wehrpflicht sind lediglich männliche Jugendliche betroffen. Einige, vor allem naturwissenschaftliche und technische Fächer werden noch immer klassisch überwiegend von Männern belegt. Hier könnte eine erhöhte Zahl an Bewerbern zu einer deutlichen Steigerung des Numerus Clausus führen.

Der Nachwuchs, der gerade in den kommenden Jahren sich nach dem Abitur an den Hochschulen immatrikulieren will, könnte deshalb womöglich Pech haben und leer ausgehen. Er müsste Wartesemester einlegen oder sich nach einer anderen Studienrichtung umschauen.

Hinzu kommt, dass die deutschen Hochschulen sich ohnehin auf eine erhöhte Belastung einstellen müssen: In den kommenden drei Jahren werden in den meisten Bundesländern die ersten Jahrgänge ihr Abitur nach nur acht Jahren weiterführender Schule ablegen. Unter anderen die bevölkerungsreichen Bundesländer Bayern (2011), Baden-Württemberg (2012) und Nordrhein-Westfalen (2013) werden in naher Zukunft Doppeljahrgänge aus den Gymnasien entlassen.

Eine besondere Ironie: Sollten Politik und Hochschulen bis dahin nicht die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, könnten viele Abiturienten übergangsweise einen Freiwilligendienst ableisten - womit quasi fast alles beim alten bliebe.

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