Russischer Umweltjournalist: "Wir sind zu wenige"

Alexander Fjodorow ist Vorsitzender der Vereinigung russischer Umweltjournalisten. Ein Interview über die Entwicklungen und Probleme des russischen Umweltjournalismus.

"Ökologie sollte erst einmal zurückstehen": Greenpeace-Aktion gegen Flussvergiftung in Moskau. Bild: dpa

taz: Herr Fjodorow, in Irkutsk ging gerade das deutsch-russische Medienforum zum Thema Umweltjournalismus zu Ende. Was sind die größten Probleme der russischen Kollegen?

Alexander Fjodorow: Wir sind zu wenige. Es ist unglaublich schwierig, Umweltprobleme in russischen Medien unterzubringen. Das bedeutet: es ist schwer, damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Wie haben sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahrzehnten verändert?

In der Zeit der Perestroika war es ungleich einfacher. Die Zeit zwischen 1986 und 1998 war überhaupt die liberalste Zeit, die der russische Journalismus insgesamt erlebte. Seit Ende des letzten Jahrhunderts gab es dann aber ein inoffizielles Verbot: Umweltthemen, die Berichterstattung über Umweltprobleme, wurde aus den Medien verbannt. In Russland war die Idee ausgegeben worden, alles für die wirtschaftliche Entwicklung zu tun, um zurück an die Weltspitze zu kommen. Ökologie sollte erst einmal zurück stehen. Und weil mit diesem Ziel den Leuten auch persönlicher Wohlstand versprochen wurde, waren sie bereit, dem alles unterzuordnen.

Wann änderte sich das?

So etwa 2006, 2007. Es wurde plötzlich klar, dass wirtschaftliche Entwicklung ohne Ökologie nicht machbar ist. Eine Untersuchung ergab, dass Russland jährlich so viel Energie verschwendet, wie Frankreich verbraucht. Wenn aber 45 Prozent der produzierten Energie ungenutzt oder sinnlos verschwendet werden, dann kann das mit der Weltspitze natürlich nichts werden.

Was passierte?

Jetzt wurden Gesetze zu Energieeffizienz und Ressourcenschonung geschrieben. Und jetzt konnte man auch wieder ungehindert über solche Themen in der Zeitung schreiben.

Drohen Umweltjournalisten trotzdem noch Repressalien?

Natürlich. Grigori Pasko zum Beispiel, ein Redakteur einer Militärzeitung, hatte recherchiert was aus den alten Atom-U-Booten der russischen Pazifikflotte geworden war. Seine Zeitung wollte das brisante Material über vor sich hin rostende Atom-Reaktoren nicht drucken, keine russische Zeitung wollte es. Also wandte sich Pasko an eine japanische Zeitung. Das wurde ihm als Landesverrat ausgelegt, er ins Gefängnis gesperrt.

Was kann Ihr Verband in so einem Fall tun?

Nun: In diesem Fall nichts, denn den Verband gibt es noch nicht so lange, wir haben bisher erst 30 Mitglieder. Aber wir arbeiten eng mit dem russischen Journalisten-Verband zusammen und können etwa juristische Hilfe anbieten.

Was die wichtigste Recherche, die in Russland jetzt gemacht werden sollte?

Die Sotschi-Geschichte. Wir müssen wissen, wie groß der ökologische Schaden durch die olympischen Winterspiele wirklich ist.

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