Sichereres soziales Netzwerk Diaspora: Facebook-Freunde bald exportierbar

Diaspora, eine offene und sichere Alternative zum größten sozialen Netzwerk Facebook, nimmt Gestalt an: Nun wurde erstmals der grundlegende Quellcode veröffentlicht.

Da Diaspora einen großen Bekanntheitsgrad erreicht hat, ist mit freiwilligen Mitarbeitern in aller Welt zu rechnen. Bild: Screenshot www.joindiaspora.com

Der Anspruch, den das kleine New Yorker Studententeam an sich gestellt hat, könnte kaum höher ausfallen: Ein auf den Schutz der Privatsphäre bedachtes, vom Nutzer selbst kontrolliertes soziales Netzwerk wollen sie programmieren, das "einfach alles" beherrscht und auch noch für jeden offen im Quellcode vorliegt und verändert werden kann. Das Projekt namens Diaspora startete mit jeder Menge Vorschusslorbeeren - angetrieben durch die Netznutzer selbst, die im Frühjahr mit einem Spendenaufkommen von unglaublichen 200.000 Dollar nachhalfen. Das ist auch ein deutliches Zeichen für den Frust, den Facebook und Konsorten mit ihren Datenschutzproblemen mittlerweile hervorrufen, meinen Beobachter.

Ende August hatten die Diaspora-Macher angekündigt, im September nun endlich mit ersten sichtbaren Ergebnissen ihrer über den Sommer erfolgten ersten Programmierarbeit herauszukommen. Und tatsächlich haben sie sich daran gehalten: Seit dieser Woche kann man sich auf der offiziellen Projekthomepage ein sogenanntes "Developer Release" (DR) herunterladen, eine Art Erstausgabe von Diaspora für Entwickler in aller Welt, die dem kleinen Team nun zur Hand gehen sollen. "Von jetzt an arbeiten wir eng mit der Community zusammen, um Diasproa zu verbessern und solide zu machen", so das Team in einem Statement zur Veröffentlichung.

Als Otto-Normal-Nutzer kann man mit dem DR allerdings bislang noch wenig anfangen, fehlen Teile der Benutzeroberfläche doch noch. Aber immerhin: Die veröffentlichte Vorabversion lässt sich mit etwas Mühe tatsächlich auf Linux- und Mac OS X-Rechnern installieren, um dann erste Einblicke in die Ideen und Konzepte zu gewinnen, die Diaspora bestimmen sollen.

Grundsätzlich unterscheidet sich das sichere soziale Netzwerk nicht von der Konkurrenz: Es gibt eine Profilseite, Nachrichtenfeeds, Fotoseiten und eine Freundeseinteilung über die sogenannten "Aspekte" - Eigenschaften, die sehr feine Einstellungen erlauben, wer was zu sehen bekommt. Der wohl wichtigste Aspekt an Diaspora ist aber die verwendete Grundverschlüsselung: Kein einziger Datensatz steht frei lesbar auf irgendeiner Festplatte, Nachrichten werden stets genauso sicher übertragen wie Änderungen von Einstellungen. Allein die Fotofunktion besitzt momentan beim Hochladen noch keine Verschlüsselung - die soll aber baldmöglichst nachgereicht werden. Neben der Kryptierung setzt Diaspora noch auf ein sogenanntes Signing - Daten werden signiert, so dass sie sich nicht nachträglich manipulieren lassen.

Die Liste der Funktionen, die im Oktober in einer ersten für die abenteuerliche Öffentlichkeit bestimmten Version ("Alpha") ergänzt werden sollen, ist allerdings lang. Dazu gehört eine Facebook-Integration, mit der man seine Freunde auf die "sichere Seite" umziehen kann, genauso wie eine Nutzung in verschiedenen Sprachen und eine Portabilität von Daten aus Diaspora heraus in andere soziale Netzwerke. Auch soll Diaspora nach Twitter und Co. senden und empfangen können, um schnell große Nutzerkreise zu erreichen.

Neben der Entwicklerversion veröffentlichte das Diaspora-Team auch eine sogenannte Roadmap, in der die nächsten Schritte für die folgenden Monate verzeichnet sind. Dazu gehören der Einbau diverser Funktionen, die bei Facebook und Co. sehr beliebt sind - private Nachrichten, Tagging von Fotos, Kalender und eine Erwähnungsfunktion ("Mentions"), wie man sie von Twitter kennt. Außerdem soll sich Diaspora, das von vorne herein dezentral angelegt ist, also jeweils auf dem eigenen Rechner des Nutzers läuft, automatisch aktualisieren können.

Durch die Veröffentlichung der Entwicklerversion dürfte sich das Programmieren nun stark beschleunigen. Da Diaspora einen großen Bekanntheitsgrad erreicht hat, ist mit freiwilligen Mitarbeitern in aller Welt zu rechnen. Und das für die Macher Schöne daran: Immer wenn es bei Facebook und Co. einen neuen Datenschutz-Skandal gibt, erhalten sie mehr Zulauf. Allerdings muss die kommende Alpha-Version schon so überzeugend sein, dass die Nutzer sie auch annehmen. Sonst hat es sich schnell mit dem Traum vom neuen Netzwerk.

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