Wawilow-Institut in St. Petersburg: Saatgutsammlung von Baggern bedroht

Auf dem Land der großen russischen Samen- und Pflanzenbank, dem Wawilow-Institut in St. Petersburg, sollen Wohnhäuser gebaut werden.

Noch sind sie stolz auf ihre saftigen Zwetschgen, morgen gibt's vielleicht schon keine mehr. Bild: ap

BERLIN taz | Es ist eine der weltweit wichtigsten Pflanzensammlungen, die in Russland von Baggern bedroht ist. 6.000 Obst- und Beerensorten wachsen auf dem Land des Wawilow-Instituts für Pflanzenwissenschaften nordöstlich von Sankt Petersburg, darunter 1.000 Erdbeersorten und 900 Arten von Schwarzen Johannisbeeren. Experten zufolge sind 90 Prozent der Pflanzen nirgendwo anders auf der Welt zu finden.

Doch auf dem Land sollen Häuser gebaut werden. Bereits im vergangenen Jahr hatte eine Regierungskommission 90 Hektar der Samenbank einer staatlichen Wohnungsbaufirma zugesprochen.

Zuletzt hatte das höchste russische Schiedsgericht am 11. August dies bestätigt. Ende September sollen die ersten 20 Hektar versteigert werden. Das Institut hat das Urteil zwar angefochten, doch die Aussicht auf Erfolg ist gering.

"Es wäre tragisch, diesen Schatz der Artenvielfalt zu verlieren", sagt Cary Fowler, Chef des Global Crop Diversity Trust (GCDT), der sich weltweit für die Erhaltung der Vielfalt von Saatgut einsetzt. "Aus diesem Bestand könnten Arten gezüchtet werden, die besser auf den Klimawandel vorbereitet sind."

Online hat der GCDT bereits 36.000 Unterschriften gegen den Bau gesammelt und eine Kampagne auf dem Internet-Kurznachrichtendienst Twitter gestartet: Die Unterschreibenden sollen auch das Konto des russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew anschreiben. "Laut Gesetz können nur noch der Präsident und der Premierminister den Verkauf rückgängig machen", so Fowler.

Unklar ist allerdings, ob die Pflanzensammlung tatsächlich auf dem strittigen Teil des Landes steht. Der Baufirma zufolge ist es "zum Teil aufgepflügt und zum Teil von Rasen bedeckt". Das Wawilow-Institut hat diese Darstellung allerdings zurückgewiesen, und auch ein Mitglied der russischen Gesellschaftskammer - eines vom Kreml einberufenen zivilgesellschaftlichen Gremiums - schrieb später: "Diese Darstellung zeugt von der amateurhaften Herangehensweise der Firma."

Auf Medwedjews Twitterkonto erschien daraufhin: "Beschwerde der Gesellschaftskammer … erhalten. Anweisungen zur Prüfung der Sache gegeben." Die Nachricht hat Cary Fowler neue Hoffnung gebracht: "Vielleicht sind wir nur naive Wissenschaftler, aber wenn der russische Präsident die Sachlage tatsächlich prüft, ist es für uns undenkbar, dass er das Land für den Bau freigibt."

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