Nahost-Friedensgespräche: In allen Punkten uneins

In Washington finden die ersten direkten Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern seit anderthalb Jahren statt. Worüber genau verhandelt wird ist unklar.

Vor der Wiederaufnahme der Friedensgespräche sind die Erwartungen im Nahen Osten gedämpft. Im Bild die Stadt Jerusalem. Bild: dpa

JERUSALEM taz | So schlecht wie bei den bevorstehenden Friedensverhandlungen waren die Erfolgschancen noch nie. Israelis und Palästinenser reisen mit eigener Agenda, eigenem Vermittler und eigenem Ziel vor Augen nach Washington. Die Unterschiede könnten dabei kaum größer sein. Einig ist man sich nur in einem sehr vage von Israels Regierungschef Netanjahu formulierten Punkt: "Wir wollen den Konflikt beenden."

Schon der 26. September könnte der ersten direkten Verhandlungsrunde nach über eineinhalb Jahren ein schnelles Ende bereiten. Dann läuft der auf zehn Monate beschränkte Baustopp in den Siedlungen ab. Den Palästinensern war das befristete Verbot, das Jerusalem ausschloss, nie genug. "Es gibt keinen Baustopp", resümierte Saeb Erikat, Chef der palästinensischen Verhandlungsdelegation, vergangene Woche kühl. Nichtsdestotrotz knüpfen die Palästinenser die Verhandlungen an eine Verlängerung des Moratoriums und würden sich vorläufig damit arrangieren können.

Der israelische rechtsnationale Abgeordnete Arie Eldad (Nationale Vereinigung) rechnet indes nicht mit einer klaren Entscheidung - weder über ein Ende noch eine Fortsetzung des Baustopps: "Die Regierung kann keine Verlängerung des Moratoriums verkünden, denn sie hat zu oft das Gegenteil versprochen." Ginge es nach Eldad, müsste der Bau in den Siedlungen nicht nur weitergehen, sondern deutlich intensiviert werden "als Kompensation für die verpasste Zeit", aber auch das werde nicht passieren.

Eldad rechnet stattdessen mit einer Zwischenlösung, bei der private Bauten wieder möglich sind, die Regierung aber keine öffentlichen Projekte beginnt. Die mangelnde Einigung zwischen Israel und den Palästinensern über den Baustopp schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Verhandlungstisch. Netanjahu steht unter dem Druck der eigenen Partei, in der die schärfsten Kritiker des Baustopps sitzen, und dem seiner Koalitionspartner. Mit jedem Neubau gerät wiederum Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in die Kritik der PLO-Aktivisten, die von vornherein abgelehnt hatten, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, solange der Bau in den Siedlungen und in Jerusalem nicht vollständig eingestellt wird.

Während sich Netanjahu auf die USA verlässt, die seiner Bedingung zustimmten, "keine Vorbedingungen für die Verhandlungen" zuzulassen, setzen die Palästinenser auf das Nahostquartett (USA, EU, UN und Russland), das den Siedlungsbau als Provokation betrachtet. Wenig überraschend lehnt auch deshalb Netanjahu das Quartett als Vermittler ab. Noch lieber wäre es ihm wohl, wenn auch die Amerikaner vor den Türen des Verhandlungssaals warten würden.

Interessant wird, worüber man überhaupt verhandeln will. Nicht einen Schritt vorangekommen sind die Konfliktpartner bei den bisherigen indirekten Gesprächen. "Sämtliche Endstatuspunkte" habe das Nahostquartett den Palästinensern versprochen, sagt Erikat. Dazu gehört der Grenzverlauf, Jerusalem und die Flüchtlingsfrage. Das Team von Mahmud Abbas kann auf fast 20 Jahre Erfahrungen im Friedensprozess zurückblicken. Erikat selbst war seit der ersten Stunde dabei. Netanjahu hingegen begibt sich auf unbekanntes Terrain - von einem kurzen Treffen mit dem damaligen PLO-Chef Jassir Arafat 1998 im Weißen Haus abgesehen. Während die Palästinenser mit klarer Agenda nach Washington reisen, mit Landkarten und Vorschlägen für einen Gebietstausch, würde Netanjahu lieber über Sicherheit, wirtschaftliche Kooperation und über die Anerkennung Israels als jüdischen Staat reden.

Innerhalb eines Jahres soll eine Lösung gefunden sein, fordert das Nahostquartett. Derzeit ist eine Endstatusregelung schlicht undenkbar. Teil jeder Einigung wäre ein Gebietstausch und die Verbreiterung des Gazastreifens nach Westen. Solange die Hamas dort herrscht, ist bestenfalls eine weitere Interimslösung machbar sowie eine Einigung zwischen der PLO und Israel auf einen Staat Palästina in den temporären Grenzen des Westjordanlands.

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