Streit um SED-Aufarbeitung: Bürgerrechtler gegen Bürgerrechtler

CDU und gekränkte DDR-Oppositionelle wollen den Direktor der Zentrale für Politische Bildung in Sachsen entmachten. Grund: Er soll Referenten ausgeladen haben.

Ausgeladen von einem "Herrn Richter": Bürgerrechtlerin Frey Klier. Bild: dpa

DRESDEN taz | Als Frank Richter im Februar 2009 zum Direktor der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung berufen wurde, war er der erklärte Favorit des CDU-dominierten Kuratoriums. Als einer der Weichensteller der Herbstrevolution 1989 in der DDR genießt er hohes Ansehen. Wie schnell man aber als unabhängiger Kopf die Gunst dieser Partei verlieren kann, zeigt jetzt eine Kampagne von CDU, FDP und der Springer-Medien gegen ihn.

Richter behindere durch die Absage von Veranstaltungen die Aufarbeitung der SED-Diktatur, so der Tenor der Vorwürfe. Anlass ist der Ausfall von einigen geplanten Veranstaltungen mit Zeitzeugen im Herbst. DDR-Bürgerrechtler wie Freya Klier beklagten sich daraufhin unter anderem bei Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) darüber, dass sie "irgendein Herr Richter" ausgeladen habe.

Frank Richter betont, dass es sich um Veranstaltungen im Planungsstand gehandelt habe. Es gehöre zum "Alltagsgeschäft", dass nicht jede dieser Veranstaltungen zustande komme. Die nüchternen Zahlen belegten, dass das DDR-Zeitzeugenprogramm mit voraussichtlich 35 Vortragenden mindestens wieder das Niveau der Vorjahre erreichen wird. Die Aufarbeitung der SED-Diktatur sei thematisch bereits überproportional vertreten. Seine Einrichtung müsse außerdem eine 20-prozentige Haushaltssperre verkraften.

Die andauernde Polemik gegen Richter aber ignoriert die Fakten. Im April hatte auch das Kuratorium eine Verringerung der Quantität zugunsten der Qualität von Veranstaltungen und eine andere Schwerpunktsetzung verlangt. Laut Protokoll war es dem Vorsitzenden Lars Rohwer (CDU) "wichtiger, dass die Landeszentrale etwas zur Finanz- und Wirtschaftskrise anbietet". Auch Kultusminister Roland Wöller (CDU) sprach jetzt in einem Brief an die Regierungsfraktionen von einem "unzutreffenden Eindruck", den die Medienberichte erweckten, und stellte sich hinter Richter. Ausgangspunkt des Konflikts sei wohl das Privatinteresse von Frau Klier, fügt seine Sprecherin hinzu.

Schlüsselfigur dieser Kampagne dürfte indessen die für DDR-Geschichte zuständige Referentin Angelika Barbe in der Landeszentrale sein. Sie hatte die Eingeladenen angefragt. Die frühere Oppositionelle war 2000 mit der Absicht gescheitert, Stasi-Landesbeauftragte zu werden.

Richter will nicht von einer Intrige gegen ihn sprechen. Jedoch dürfe kein Mitarbeiter "bei Referenten den Eindruck erwecken, sie seien eingeladen, wenn der Direktor noch nicht zugestimmt hat". Es habe noch keine Verträge gegeben, aber Frau Barbe sei nach langer Erfahrung "absolut zuverlässig", räumt der ebenfalls ausgeladene Schriftsteller Udo Scheer ein.

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