LRA-Rebellen in Zentralafrika: Krieg den "Tongo-Tongo"

USA und Frankreich unterstützen die Zentralafrikanische Republik im Kampf gegen die Rebellen aus Uganda. Weil die Armee nichts unternimmt, werden Selbstverteidigungsgruppen aufgestellt.

Trägt den Terror durch Zentralafrika: LRA-Anführer Joseph Kony. Bild: dpa

BERLIN taz | Sie sind mehrere tausend Kilometer weit gewandert, aber ihre Kriegspraktiken haben die Rebellen der ugandischen "Lords Resistance Army" (LRA) nicht geändert. Seit sie Uganda verlassen und über Südsudan und die Demokratische Republik Kongo bis in die Zentralafrikanische Republik vorgedrungen sind, machen die LRA-Kämpfer unter dem vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchten mystischen Prediger Joseph Kony die zentralafrikanischen Savannen ebenso mit Kindesentführungen, Überfällen, Brandschatzungen sowie Vertreibung unsicher wie früher den mittlerweile friedlichen Norden Ugandas.

Aus Angst, das riesige dünnbesiedelte Territorium der Zentralafrikanischen Republik könne zum neuen Rückzugsgebiet für Banditen aus der gesamten Region werden, verstärken jetzt die ehemalige Kolonialmacht Frankreich sowie die USA ihre militärische Präsenz in dem Land. Die Regierung in Bangui hofft auf eine gemeinsame Großoffensive zusammen mit diesen beiden Ländern sowie der Armee Ugandas.

19 US-Militärexperten sind bereits in Obo im äußersten Südosten der Zentralafrikanischen Republik stationiert, um das Terrain zu sondieren, bestätigte diese Woche Verteidigungsminister Jean-Francis Bozizé, Sohn des zentralafrikanischen Staatschefs François Bozizé. Das französische Außenministerium erklärte am Donnerstag, Frankreich werde sich mit "verstärkter logistischer Unterstützung" beteiligen. Französische Soldaten stehen ohnehin in dem Land und sichern wichtige Flughäfen. Ugandas Armee ist seit 2009 in der Zentralafrikanischen Republik im Einsatz gegen die LRA.

Am 24. Mai hatte US-Präsident Barack Obama ein vom Kongress verabschiedetes Gesetz in Kraft gesetzt, das die US-Regierung zur Entwicklung einer "umfassenden Strategie" gegen die LRA auffordert. Die Schwächung der LRA sowie der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) gehört zu den Eckpfeilern der US-Politik in Zentralafrika, um zu verhindern, dass aus kongolesischem Territorium Nachbarländer destabilisiert und damit neue grenzüberschreitende Kriege entfacht werden.

In der Zentralafrikanischen Republik sowie dem benachbarten kongolesischen Distrikt Bas-Uélé seien in den letzten 18 Monaten von der LRA mindestens 967 Menschen verschleppt und 255 getötet worden, berichtete die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch letzte Woche. Die US-Kampagnenorganisation Enough spricht sogar von 2.500 Todesopfern durch LRA-Überfälle im Kongo seit Ende 2008.

Ob die Urheber dieser Angriffe überhaupt noch Ugander sind, ist zunehmend unklar. Die LRA hat in ihren neuen Rückzugsgebieten zahlreiche lokale Kämpfer angeworben. In der Zentralafrikanischen Republik sind sie als "Tongo-Tongo" bekannt, und nach lokalen Berichten haben sie mit 1.000 Kämpfern ein wertvolles Diamantengebiet am Chinko-Fluss unter ihre Kontrolle gebracht, von wo aus sie ihre Aktivitäten ausdehnen. Weil die notorisch korrupte Regierungsarmee gegen sie wenig ausrichtet, stellen sich nun einheimische zentralafrikanische Rebellen als Selbstverteidigungsgruppen der Bevölkerung gegen die "Tongo-Tongo" auf.

Die Aussicht, gegenüber der inneren Opposition in die militärische Defensive zu geraten, mag ein Hintergedanke bei den Bemühungen der zentralafrikanischen Regierung um auswärtige Militärhilfe sein. Präsident Bozizés reguläre Amtszeit ist längst abgelaufen, Neuwahlen wurden mehrmals aufgrund der Unsicherheit im Land verschoben.

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