Waldbrände in Russland: Feuer auch in verstrahlten Zonen

Waldbehörde widerspricht der Regierung: Offenbar hat es doch Brände auf radioaktiv verseuchten Flächen gegeben. Aufgewirbelte Partikel wehen wohl Richtung Baltikum und Südschweden.

Noch immer nicht alle Flammen unter Kontrolle: Russische Feuerwehrleute in Rjasan, 200 Kilometer südöstlich von Moskau. Bild: dpa

MOSKAU afp | Die Wald- und Torfbrände in Russland haben entgegen vorheriger Regierungsangaben auch die von der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl verseuchten Gebiete erreicht. In ganz Russland habe es seit Juli auf rund 3.900 Hektar als radioaktiv verseucht eingestuftem Land gebrannt, teilte die russische Waldschutzbehörde am Mittwoch mit. In der Hauptstadt Moskau entspannte sich durch leichten Regen und etwas Wind die Situation.

Wie die Waldschutzbehörde auf seiner Internetseite mitteilte, standen allein in der westrussischen Region Brjansk am vergangenen Freitag große Flächen in Brand. Die Region wird auf einer Liste mit den am stärksten durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 24 Jahren verseuchten Gebiete geführt. Dort erstreckten sich am 6. August 28 Brände auf 269 Hektar Land. Besonders im Westen brannten den Angaben zufolge Feuer in verseuchten Gebieten.

Das Katastrophenschutzministerium hatte noch einen Tag zuvor gewarnt, dass die seit Juli wütenden Waldbränden diese Regionen erreichen könnten – es sei zu befürchten, dass mit dem Rauch radioaktive Partikel aufstiegen. Anfang der Woche aber hatten Vertreter des Ministeriums dementiert, dass in der Region von Brjansk Feuer ausgebrochen waren. Die Region, die an die Ukraine und Weißrussland grenzt, wurde im April 1986 durch die radioaktive Wolke aus dem Atommeiler Tschernobyl erheblich verseucht.

"Es gibt Karten zu den verseuchten Gebieten, es gibt Karten zu den von den Bränden erfassten Gebieten. Jeder kann diese Informationen zusammenlegen; warum also sollte man sie abstreiten", sagte ein Vertreter der Waldschutzbehörde nun der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Die Behörde rief die staatlichen Stellen in den betroffenen Gebieten auf, Notfallmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen. Es gebe jedoch "keinen Grund zur Panik", sagte der stellvertretende Leiter, Alexej Bobrinski. Zwar würden mit dem Rauch verseuchte Partikel in die Luft getragen, dies sei jedoch keine "Katastrophe".

Radioaktiv verseuchte Flächen brannten in den vergangenen Tagen auch in den Regionen Kaluga und Tula nahe Moskau. In den Straßen der Hauptstadt hing in den vergangenen Tagen wiederholt dichter Smog wegen der Brände in der Umgebung. Am Mittwoch verbesserte sich durch etwas Regen, eine leichte Brise und niedrigere Temperaturen die Lage leicht. Der Wetterdienst erwartet jedoch neuen Smog in den kommenden Tagen.

Durch die Brände eventuell aufgewirbelte radioaktive Partikel werden in den kommenden Tagen durch den Wind voraussichtlich nach Nordwesten in Richtung Osteuropa, Baltikum und Südschweden getrieben, wie ein Sprecher des Deutschen Wetterdiensts (DWD) in Offenbach mitteilte. "Nach Deutschland werden bis zum Samstag keine Emissionen kommen." Weiter als bis zum Wochenende gehen die Prognosen nach seinen Angaben bislang nicht.

Nach Angaben des russischen Katastrophenschutzministeriums haben sich die Brandgebiete in Zentralrussland in den vergangenen 24 Stunden nahezu halbiert. Auf einer Fläche von 92.700 Hektar wüteten noch Brände, am Dienstag hätten sie sich noch auf 174.000 Hektar erstreckt, erklärte das Ministerium laut Nachrichtenagentur Itar-Tass. Die Zahl der Brände stieg den Angaben zufolge jedoch von 557 am Dienstag auf 612 am Mittwoch. Bei den seit zwei Wochen wütenden Wald- und Torfbränden kamen nach offiziellen Angaben 54 Menschen ums Leben.

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