Ökologischer Fußabdruck: Die Ökobilanz meiner Katze

Der ökologische Fußabdruck berechnet die Belastung der Umwelt - global und für jedes Individuum. In Zukunft könnte ein einheitliches Label für Transparenz sorgen.

So könnte es in Zukunft in den Supermarktregalen aussehen. Der ökologische Fußabdruck ausgezeichnet an jedem Produkt. Bild: gwire - Lizenz: CC-BY

Selbstversuch. Drei Seiten zum Ausfüllen, eine zur Auswertung: Das Ergebnis: „Wenn alle so leben würden wie du, bräuchten wir bereits mehr als zwei mal die Fläche unserer Erde. Du liegst damit im Bereich des deutschen Durchschnitts, aber weit entfernt von einem nachhaltigen Lebensstil.“ Das ist also mein ökologischer Fußabdruck.

Meinen konkreten CO2-Verbrauch verrät der Test mir nicht, aber durch das Punktesystem kann ich sehen, wo ich schlecht und wo ich ganz gut abschneide. Die Größe meiner Wohnung finde ich gerade richtig, aber sie bringt schon mal 30 Punkte, genauso viele gibt es dafür, dass ich im Winter auf 20 - 22 Grad Zimmertemperatur Wert lege und relativ häufig die Waschmaschine benutze. Dass ich regelmäßig mit dem Auto unterwegs bin und einige Stunden täglich am Computer und vor dem Fernseher sitze, wirkt sich ebenfalls negativ aus. Aber da sehe ich wenig Chancen, etwas zu ändern. Positiv bewertet wird, dass ich kein Fleisch esse, keine Flugreisen mache und nicht in Hotels übernachte.

Die Formel für den ökologischen Fußabdruck haben 1994 die Wissenschaftler Mathis Wackernagel und William E. Ries entwickelt. Mit ihr lässt sich der Ressourcen- und Energieverbrauch eines Landes, einer Stadt oder eines Haushalts in Landfläche umrechnen. Für jeden Bewohner der Erde stehen 1,9 Hektar pro Jahr zu Verfügung. Dieser Wert wird in allen Industrieländern deutlich überschritten. In Deutschland liegt er bei 4,8 Hektar, in den USA bei etwa 9,7 Hektar. Schon jetzt fällt die Bilanz negativ aus; Bevölkerungswachstum und wirtschaftlicher Aufschwung in Entwicklungs- und Schwellenländern werden sie noch schlechter aussehen lassen.

Doch diese globale Sicht hilft mir auf der Suche nach einem nachhaltigen Lebensstil nicht weiter. Also nehme ich mein Konsumverhalten unter die Lupe. Denn die Methode ökologischer Fußabdruck funktioniert auch bei Lebensmitteln, Kleidung, Haushaltsgeräten und anderen Artikeln für den täglichen Bedarf. Die Berechnung des Product Carbon Footprint - kurz PCF - ist kompliziert, wie das Beispiel eines Longshirts - Gewicht 220 Gramm - des Otto-Versands zeigt. Herstellung, Transport und Gebrauch (55 mal waschen) summieren sich auf sage und schreibe 10,75 Kilogramm CO2 und andere Treibhausgase.

In Deutschland machen bei dem öffentlich geförderten Pilotprojekt PCF derzeit zwölf große Unternehmen mit. Ziel ist eine einheitliche Berechnungsmethode, damit ich als Kundin mich über den Fußabdruck eines Produkts informieren kann. Aber das dauert, denn fast alle europäischen Staaten gehen unterschiedliche Wege beim Thema Product Carbon Footprint. Ein globales Label, für das die Internationale Standardisierungsorganisation ISO zuständig wäre, wird es voraussichtlich nicht vor 2012 geben. Einige Firmen in Deutschland und anderen Ländern sind vorgeprescht. So veröffentlicht die Firma Frosta im Internet den CO2-Fußabdruck von elf Tiefkühlkost-Gerichten und verkündet werbewirksam „selbst kochen spart kein CO2“. Große Supermarktketten in Frankreich und Großbritannien geben auf der Verpackung den Verbrauch an Treibhausgasen an. Japan will mit rund 100 gekennzeichneten Produkten zur „low carbon society“ werden. Doch im Laden entscheiden sich viele Japaner für das klimaschädlichere, aber billigere Produkt.

Experten warnen, dass manche CO2-Berechnungen „Pi mal Daumen“ ohne die Daten der Zulieferer und eine unabhängige Verifizierung entstehen. Ihre Aussagekraft ist also eher gering. Michael Spielmann von einer Beratungsgesellschaft für Umweltbilanzen sagt, es reiche nicht, einen ökologischen Fußabdruck mit einer Grammzahl am Ende zu erstellen. Die grundsätzliche Frage sei: „Strengen sich die Unternehmen tatsächlich an, um intern ihre Klimabilanz zu verbessern?“ Diesen Punkt finde ich sehr wichtig, denn die Reduzierung der Treibhausgase muss bei der Herstellung beginnen.

Das Unternehmen ökologischer Fußabdruck hat eine beachtliche Dynamik entwickelt. 2003 gründete Wackernagel das Global Footprint Network www.footprintnetwork.org. Inzwischen arbeiten viele Staaten, Städte und Organisationen mit der Methode, um ihren Energie- und Ressourcenverbrauch zu reduzieren. So trägt der ökologische Fußabdruck zur Diskussion über einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt bei.

Aber es gibt es auch kritische Stimmen. So erklären österreichische Umweltschützer, dass der Footprint eine vollständige Ökobilanz, eine Prüfung der der sozialen Verträglichkeit und der Gesundheitsfolgen nicht ersetzen kann. Als Beispiel nennen sie die Atomenergie mit einem scheinbar geringen Flächenbedarf, aber unkalkulierbaren Risiken. Eher satirisch haben sich die Neuseeländer Brenda und Robert Vale in ihrem Buch „Time to eat the dog“ dem Thema genähert. Sie verglichen den ökologischen Fußabdruck von Haustieren mit dem Energiebedarf von Autos. So soll eine Dogge wegen des großen Fleichverzehrs für die Umwelt schädlicher sein als ein Geländewagen. Und eine Katze liegt mit ihrem ökologischen Pfotenabdruck nur knapp unter dem eines VW Golf. Auf den Golf kann ich vielleicht verzichten, auf meine Katze bestimmt nicht.

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