Gaza-Flottille vor Israel: Armee hatte keinen B-Plan

Ein militärischer Untersuchungsbericht benennt keine Schuldigen für die Fehler bei der Kaperung der Mavi Marmara. Unterdessen soll ein weiteres Hilfsschiff abgefangen werden.

Mitglieder der Hamas gedenken symbolisch der Toten des Hilfskonvois. Bild: ap

JERUSALEM taz | Eine ganze Reihe von operativen Fehlern, mangelhafter nachrichtendienstlicher Vorbereitung und miserablen Absprachen listet Giora Eiland auf und sieht trotzdem von personellen Empfehlungen ab. Der Chef der militärischen Kommission zur Untersuchung des Marine-Disasters Ende Mai vor der Küste Gazas spricht ausdrücklich von "Fehlern" und meidet Begriffe wie Versäumnisse oder gar grobe Fahrlässigkeit, die konkrete Konsequenzen hätten nach sich ziehen können. "Ein General wird dem anderen General nicht wehtun", kommentierte Amir Oren von der liberalen Haaretz den intern von der Armee erstellten Bericht.

Neun pro-palästinensische Aktivisten waren von israelischen Marine-Soldaten getötet worden. Bei dem gewaltsamen Empfang auf dem türkischen Flaggschiff Mavi Marmara trugen außerdem zehn Soldaten zum Teil schwere Verletzungen davon.

Eiland, ehemals Nationaler Sicherheitsberater, bemängelt in seinem 100 Seiten umfassenden Bericht, dass die Armee "keinen Plan B" hatte, auf den sie hätte zurückgreifen können, als sich das Gewaltpotential einiger Passagiere abzeichnete. Seine Hauptkritik richtet sich gegen die militärische und nachrichtendienstliche Entscheidungsebene. Der militärische Abwehrdienst habe "Fehler gemacht", so Eiland, denn er hatte es nicht für nötig befunden, die türkisch-islamische Organisation IHH, die die Schiffe finanziert hatte, zu beobachten.

Eilands Bericht würde die Verantwortlichen "zwar nicht weißwaschen" doch ließe er offen, wer für die im Bericht genannten "grundlegenden Fehler auf höchster Ebene" verantwortlich sei, heißt es im gestrigen Leitartikel von Haaretz. Der Bericht sei zwar wichtig aber "zu eng", da er sich ausschließlich auf das Militär beschränkt und die politische Entscheidungsebene außen vor lässt. Die Befragung der Minister, allen voran Regierungschef Benjamin Netanjahu, steht für den 9. August an, wenn die zivile Kommission unter der Leitung von Jakob Tirkel, ehemals Richter am Obersten Gerichtshof, ihre Arbeit aufnimmt.

Die konservative, aus Anzeigen finanzierte Tageszeitung Israel Hayom äußerte die Befürchtung, dass weder Eiland noch Tirkel "ausreichen werden, um die UN von Goldstone II abzuhalten". Der südafrikanische Richter Richard Goldstone hatte im Auftrag der UNO letztes Jahre einen für Israel vernichtenden Untersuchungsbericht über den Gazakrieg verfasst.

Unterdessen bereitete sich die israelische Armee am Dienstag darauf vor, einen libanesischen Frachter der Gaddafi-Stiftung mit Hilfsgütern für den Gazastreifen abzufangen. Die Armee habe bereits Kontakt mit der Besatzung aufgenommen. Laut einem Vertreter der Stiftung an Bord hat Israel dem Frachter bis Dienstagmitternacht Zeit gegeben, den Kurs zu ändern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.