Niederlande gewinnt 3:2: Ohne Magie ins Finale

Im ersten Halbfinale der Fußball-WM gelang weder Uruguay noch den Niederlanden Kreatives. Die Uruguayer verloren allerdings in spannenden letzen Minuten das Spiel.

Danach wurde es nochmal spannend: Giovanni van Bronckhorst schießt das erste Tor für die Niederlande. Bild: ap

BERLIN taz | Der erste Schritt zum Traumfinale so vieler ist gemacht. Durch einen Doppelschlag von Wesley Sneijder und Arjen Robben gegen Uruguay steht die Niederlande zum dritten Mal in einem WM-Finale und wird dort möglicherweise auf Deutschland treffen.

Die Deutschen werden sich das Spiel am Fernseher ganz genau angeschaut haben. Denn das erste Halbfinale dieser Weltmeisterschaft bot der deutschen Mannschaft den genauen Blick auf den definitiven nächsten Gegner, ob im kleinen oder großen Finale entscheidet sich am Mittwoch beim Spiel gegen Spanien.

Es muss ein entspannter Abend im Hotel Velmore Grand gewesen sein. Angst und Schrecken verbreitete keiner, auch nicht die Niederlande, die das Spiel mit 3:2 gewann. Es war eine zerfahrene Partie mit vielen, oft grotesken, Fehlpässen auf beiden Seiten.

Uruguay - Niederlande 2:3 (1:1)

Uruguay: Muslera - Maxi Pereira, Godín, Victorino, Cáceres - Pérez, Gargano, Arévalo, Alvaro Pereira (78. Abreu) - Cavani, Forlán (84. Sebastián Fernández)

Niederlande: Stekelenburg - Boulahrouz, Heitinga, Mathijsen, van Bronckhorst - van Bommel, de Zeeuw (46. van der Vaart) - Robben (89. Elia), Sneijder, Kuyt - van Persie

Schiedsrichter: Irmatow (Usbekistan)

Zuschauer: 62.479

Tore: 0:1 van Bronckhorst (18.), 1:1 Forlán (41.), 1:2 Sneijder (70.), 1:3 Robben (73.), 2:3 Maxi Pereira (90.+2)

Elfmeterschießen: 1:0 Victorino

Gelbe Karten: Cáceres, Maxi Pereira / Boulahrouz, Sneijder, van Bommel

Immerhin, schießen können sie beide ganz gut. Zuerst war die Niederlande an der Reihe. Der 35-jährige Giovanni van Bronckhorst, der Linksverteidiger der sich in den vorigen Partien kaum einmal über die Mittellinie traute, fasste sich in der 18. Minute ein Herz und zog aus mehr als 35 Metern einfach ab. Sein krachender Schuss wurde immer länger und länger und schlug dann im oberen linken Eck des Tores ein. Uruguays Torwart Fernando Muslera streckte sich vergeblich, muss sich aber vorwerfen lassen, nicht optimal gestanden zu haben.

Bis dahin war es eine offene Partie gewesen, mit leichten Vorteilen für die Niederlande. Danach herrschte bei Uruguay zunächst das große Chaos. Die Stürmer Diego Forlán und Edison Cavani standen meist ohne Anbindung ans Mittelfeld vorn allein im Regen. Wenn sie einmal an den Ball kamen, verhedderten sie sich in der vielbeinigen holländischen Abwehr.

Diese taten ihrerseits nicht mehr als das Nötigste, um den knappen Vorsprung zu verwalten. Eine überaus riskante Strategie, wenn der Gegner einen Spieler wie Forlán in seinen Reihen hat. In der 41. Minute schoss auch er aus mehr als 30 Metern aufs Tor. Der Schuss war bei weitem nicht so fulminant wie van Bronckhorsts, doch für Hollands Torwart Martin Stekelenburg reichte es. Ein Tor, ähnlich wie das erste und ähnlich aus dem nichts.

Vielleicht nicht verwunderlich, denn beide Teams waren durch Sperren erheblich geschwächt in das Spiel gegangen. Bei den Niederländern fehlten die bisher überzeugenden Gregory van der Wiel hinten rechts und Mittelfeld-Abräumer Nigel de Jong. Für sie rückten Khalid Boulahrouz und Demy de Zeeuw ins Team, wahrlich keine Superstars.

Die Uruguayer hatte es noch schwerer getroffen. Der Held/Betrüger des Spiels gegen Ghana, Stürmer/Torwart Luis Suárez, war ebenso gesperrt wie Jorge Fucile, der vielleicht beste Linksverteidiger des Turniers bisher. Dazu kam die Verletzung des Kapitäns und Innenverteidigers Diego Lugano.

Trainer Óscar Tabárez musste also sein Team komplett umstellen. Diego Godin, Walter Gargano und Alvaro Pereira waren dabei, außerdem durfte Martín Cáceres für Álvaro Fernández ran. Taktisch bedeutete das ein 4-4-2-System mit Diego Forlán und Edison Cavani als Doppelspitze. Cáceres, gelernter Innenverteidiger, sollte vor allem die Kreise des holländischen Superstars Arjen Robben stören.

Das gelang zunächst ganz gut, ob es nun an der Stärke von Cáceres oder an der Schwäche Robbens lag, sei dahingestellt. Kreatives gelang beiden Mannschaften kaum. Wenn sich einmal eine Chance ergab, dann meist als Resultat eines gegnerischen Fehlers. Wie kurz nach der Halbzeit, als Boulahrouz einen völlig falsch kalkulierten Rückpass spielte, der seinen Torwart hinauszwang, sodass Cavani einen Lupfer ansetzte.

Doch van Bronckhorst war auf der Linie zur Stelle. Der niederländische Trainer Bert Van Marwijk hatte zuvor Rafael van der Vaart für den angeschlagenen de Zeeuw gebracht, mit der Hoffnung auf mehr überraschende Einfälle. Schnell wurde klar, dass auch das nicht funktionierte.

Die Niederlande hatte zwar mehr Ballbesitz, konnten damit gegen die jetzt giftigeren Uruguayer aber nicht viel anfangen. So blieb die Hoffnung auf einen weiteren guten Schuss. Der kam durch einen Freistoß von, wem sonst, Forlán, in der 65. Minute. Doch diesmal hatte Stekelenburg aufgepasst und faustete den angeschnittenen Ball weg.

Und tatsächlich, dieser Moment hauchte der daniederliegenden Partie neues Leben ein. Das galt aber vor allem für die Holländer. Erst verpassten van der Vaart und Robben nach schöner Vorarbeit van Persies knapp. In der 69. Minute machte es Sneijder besser, allerdings kontrovers. Sein Schuss ging durch die Beine van Persies, der deutlich im Abseits stand. Er berührte den Ball zwar nicht, doch irritierte Muslera wohl stark.

Keine Diskussion gab es über den kurz darauf folgenden Treffer Robbens nach einer endlich einmal gelungenen Ballstaffette, der das Spiel entschied. Pereiras Anschlusstreffer für Uruguay kam in der 92. Minute zu spät.

Trotz der vielen Tore ging der Partie während ihrer gesamten Dauer die Magie eines WM-Halbfinales völlig ab. Den Niederländern wird’s egal sein, sie haben das erste Finale seit 1978 erreicht, wahrlich ein Grund zum Feiern. Auch wenn ihr Spiel mit dem Totaalvoetbal von Johan Cruyff und Konsorten so wenig zu tun hat wie Deutschlands derzeitige Spielfreude mit dem einstigen Rumpelfußball. Doch Schönheitspreise werden bei einer Weltmeisterschaft nicht vergeben und Cruyff blieb ohne Titel.

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