Zukunftssicherung: Flexibilität demonstriert

Ehe sich die Vergabe eines wichtigen Auftrags entscheidet, vereinbaren IG Metall und die Großwäscherei Berendsen Kostensenkungen gegen Joberhalt.

Wollen ihren Job behalten und weiter arbeiten: Wäscherinnen bei Berendsen. Bild: Markus Scholz

In genau einem Monat entscheidet sich, wer künftig die schmutzige Wäsche des Uniklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) wäscht, schon am heutigen Dienstag endet die Ausschreibung. In Glückstadt (Kreis Steinburg) bangen deshalb die 120 Beschäftigten der Großwäscherei Berendsen um ihre Jobs: Das UKSH favorisiert den günstiger anbietenden Mitbewerber Sitex in Rostock. Damit die Glückstädter im Rennen um den Auftrag blieben, schlossen Berendsen und die IG Metall einen ungewöhnlichen Deal: einen Sanierungstarifvertrag mit weit reichenden Zugeständnissen der Arbeitnehmer. Sollten Mitte Juli die Rostocker den Zuschlag erhalten, wäre Berendsen zum 1. September definitiv dicht.

Fünf Jahre lang hatte Berendsen die Klinikwäsche für das UKSH gereinigt. Der Auftrag mit einem Volumen von jährlich fünf Millionen Euro machte zuletzt 80 Prozent des Arbeitsvolumens aus. Im Zuge der Neuausschreibung wollte das Klinikum den Auftrag an Sitex vergeben: Die Firma zahlt ihren Beschäftigten weniger als den Tariflohn, der in der Branche ab 9,57 Euro beträgt. Das Schleswiger Oberverwaltungsgericht stoppte die Vergabe, der Auftrag musste neu ausgeschrieben werden. Schon vor Ende dieser Neuausschreibung zog das UKSH den Auftrag aus Glückstadt ab (taz berichtete). Die verzweifelte Belegschaft kündigte daraufhin einen Hungerstreik an.

Dazu kam es schlussendlich im Mai dieses Jahres doch nicht. Berendsen verpflichtete sich, bis zum 1. September keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen und stattdessen Kurzarbeit anzumelden. Im Gegenzug erklärte sich die IG Metall bereit, in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber Möglichkeiten auszuloten, um der Chancen für die Ausschreibung zu eröffnen.

Denn der Kieler Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) hatte unmissverständlich deutlich gemacht, dass der Auftrag an den "billigsten" Anbieter zu vergeben sei. Aus Sicht der Landesregierung ist Sitex - dank eines Abschlusses mit der Gewerkschaft DHV, die zum Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) gehört - trotz nur acht Euro Stundenlohn "tarifgebunden". Dass das Bundesarbeitsgericht dem CGB die Tariffähigkeit für gewerbliche Betriebe abgesprochen hat, werde "keinen Einfluss auf das Vergabeverfahren" haben.

Berendsen und die IG Metall handelten Zweierlei aus: Sollten die Glückstädter dank des UKSH-Auftrags weitermachen, verzichtet die Belegschaft für fünf Jahre auf Sonderzahlungen und trägt durch kostenlose Mehrarbeit zu Innovationsprozessen bei. "Der Tariflohn bleibt unangetastet", sagt IG-Metall-Sekretär Uwe Zabel. Dennoch sei "eine Personalkosten-Senkung von 40 Prozent erreicht" worden. Betriebsbedingte Kündigungen sind bis 2015 ausgeschlossen.

Sollte der Auftrag an Sitex gehen, stellt die dänische Berendsen-Konzernmutter 5,2 Millionen Euro für einen Sozialtarif mit Abfindungen und einer Transfergesellschaft zur Verfügung. "Das erste Jahr ist damit für die Beschäftigen abgefedert und die Abfindungen lassen sich sehen", sagt Zabel. Danach habe die ohnehin strukturschwache Region 120 Arbeitslose mehr, sagt der Metaller - "verursacht von der Landesregierung".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.