dpa will endlich modern werden: Spiegel Online lässt grüßen

Deutschlands wichtigste Nachrichtenagentur startet eine eigene News-Site - komplett mit Links, Grafiken und Kommentarfunktion. Leider haben nur die dpa-Kunden was davon.

Brachte viele Ideen von Spiegel Online mit: dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner. Bild: dpa

HAMBURG taz | Was hatten Zeitungsverleger nicht alle an der dpa zu meckern: Alt, tantig, hochnäsig und viel zu unflexibel sei die Deutsche Presseagentur. Die Krux an der Geschichte: In längst nicht allen, aber vielen Punkten hatten die Verleger Recht.

Jetzt wird alles gut, verspricht der neue Chefredakteur Wolfgang Büchner - und deshalb hat die dpa die Website dpa.news erfunden. "dpa soll für die Kunden gefühlt im nächsten Raum sitzen", sagte Büchner heute bei der Präsentation von dpa.news vor der Presse. Versprochen wird Rundum-Glücklich-Versorgung: Fünf Themen des Tages - wie auf Nachrichtenwebsites üblich mit Fotos, Text, weiterführenden Angeboten wie Audio-Beiträgen oder Grafiken und externen Links.

Dazu eine Kommentarfunktion, auch für Nachfragen und Extrawünsche der geschätzten Kundschaft aus Presse, Funk und Fernsehen. Das ganze sieht ein bisschen aus wie Spiegel Online, was nicht weiter wundert, da a) alle News-Sites ein bisschen wie Spiegel Online (Spon)aussehen und b) Büchner bis 2009 bei Spon gearbeitet hat.

Darunter findet sich dann solide der Ticker aus dem Basisdienst, aus dem heraus die dpa ihre Kunden mit rund 800 Meldungen am Tag beglückt. Das könnte ruhig weniger werden, sagt Büchner, derzeit sende man ja quasi "in eine schwarzes Loch" und nur die Zeitungen des nächsten Tages lieferten eine Ahnung von dem, was die Redaktionen aus dem dpa-Angebot wirklich interessiert hat. Nun soll auf einen Blick zu sehen sein, was richtig wichtig ist und was weniger, dazu finden die Kunden die Planung der dpa-Redaktionen für den Rest des Tages.

Audio-Beiträge des dpa-Radio-Dienstes Rufa gibt es auch, mit Video-Angeboten hält man sich aber diskret zurück: "Alle sagen, man braucht Video", so Büchner - nur wisse bislang niemand der dpa-Kunden, wie er ein solches Angebot finanzieren solle. Und solange "unsere Kunden das nicht wollen beziehungsweise nicht zahlen können, werden wir in den dpa-Büros keine Videoteams aufbauen."

Die Testversion von dpa.news läuft schon seit April, produziert wird demnächst aus dem neuen zentralen dpa-Newsroom in Berlin. Hier ist die Politik als erstes großes Ressort bereits angekommen, bis Juli soll der Umzug aller dpa-Redaktionen vom bisherigen Hauptquartier in Hamburg in die Hauptstadt gelaufen sein. Nur der Sport darf etwas etwas länger brauchen und kommt erst nach der Fußball-WM im August.

Dann sollen auch alle dpa-Kunden an dpa.news angeschlossen sein - so lange dauert es aus technischen Gründen. Die ersten rund 40 Redaktionen spielen schon Versuchskaninchen, dazu zeigt Büchner der JournalistInnenschar begeisterte Rückmeldungen bereits angefixter Chefredakteure.

Für den Rest der Menschheit bleibt dpa.news allerdings unsichtbar: Zwar würde das Konzept auch für eine breite Öffentlichkeit taugen. "Doch das gäbe richtig Ärger", sagt dpa-Sprecher Justus Demmer. Denn dpa gehört den großen Verlagen höchstselbst und die dürften keine dpa-Konkurrenz für die Online-Angebote ihrer eigenen Blätter dulden.

Auf derlei Befindlichkeiten muss der zweitgrößte deutschen Agenturverbund ddp/DAPD keine Rücksicht nehmen. Er bastelt auch an einem Multimediaportal, dass seinen Kunden ebenfalls mehr Überblick, Service und die Möglichkeit, Meldungen und Artikel zu bewerten gibt. Als schnelles Feedback gibt's Sternchen wie in der Programmzeitschrift.

Doch zur Konkurrenz - so hanseatisch fein ist man denn trotz Berlin-Umzug schon noch - möchte man sich bei dpa partout nicht äußern. Nur die gekräuselten Nasen verraten: Von Bewertungssternchen halten Büchner & Co. nix.

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