Gentechnisch verunreinigtes Saatgut: Die Nullprozentgrenze

Nach EU-Recht sind gentechnische Verunreinigungen bei Saatgut nicht erlaubt. Doch Gentech-Firmen verstoßen immer wieder gegen das EU-Gesetz. Sie wollen es am liebsten ändern.

Diesmal war das Maissaatgut aus Ungarn verunreinigt. Bild: ap

BERLIN taz | Auch dieses Jahr wurde bei Routinekontrollen wieder Saatgut festgestellt, das mit genmanipulierten und in der EU nicht zugelassenen Sorten kontaminiert war. In den 23 auffällig gewordenen Maisproben wurden sieben in der EU nicht für den Anbau zugelassene Maissorten gefunden. In den vergangen Jahren war es gleichfalls vor allem Maissaatgut, das hierzulande als "gentechnisch kontaminiert" aus den Verkehr gezogen werden musste.

Die Saatgutfirma Pioneer, die für den aktuellen Skandal mitverantwortlich sein soll, war schon wiederholt mit dem Vertrieb von kontaminiertem Maissaatgut aufgefallen. Vor über zehn Jahren war es die Maissorte Benicia und vor fünf Jahren Clarica. In beiden Fällen wurden die Verunreinigungen erst entdeckt, als ein Teil des Saatgutes schon auf dem Acker ausgebracht war.

Gentechnische Verunreinigungen sind bei Saatgut nach EU-Recht nicht erlaubt. Es gilt eine Nullprozentgrenze. Ausnahmen davon sind nicht vorgesehen, anders als bei Lebens- und Futtermitteln. In ihnen dürfen, wenn es technisch nicht vermeidbar und wenn die entsprechende Gentech-Sorte zugelassen ist, bis zu 0,9 Prozent Verunreinigungen vorhanden sein. Sind es mehr, muss das Produkt gekennzeichnet werden.

Bei konventionellem Saatgut ist jedoch die Nullgrenze zum Beispiel selbst dann einzuhalten, wenn für das Gentech-Saatgut eine Zulassung vorliegt. Die Gentech-Industrie kritisiert diese Null-Prozent-Regelung. Sie verhindere, so heißt es, dass die Grüne Gentechnik häufiger genutzt werde. Denn für Firmen, die gentechnisch verunreinigtes Saatgut vertreiben, kann es teuer werden. Bleiben die Kontaminationen für längere Zeit unentdeckt und gelangen sie in die Lebensmittelkette, ist der Saatguthersteller für den Schaden haftbar.

Das deutsche Gentechnikgesetz sieht zwar auch Haftstrafen von bis zu drei Jahren vor, wenn ohne Genehmigung "gentechnisch veränderte Organismen freigesetzt" werden. Bisher ist aber - so weit bekannt wurde - diese Strafvorschrift noch nicht zur Anwendung gekommen.

Von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich war der Umgang mit verunreinigtem Saatgut, das schon auf den Feldern ausgebracht war. Mecklenburg-Vorpommern ordnete an, die Pflanzen zu vernichten. Baden-Württemberg dagegen drückte schon einmal zugunsten der Gentech-Industrie ein Auge zu.

Auch Rheinland-Pfalz überließ 2009 den Landwirten die Entscheidung, die betroffenen Felder mit Pflanzengift zu besprühen oder die Maispflanzen einfach wachsen zu lassen. Sie mussten nur zusichern, dass der Gentech-Mais nicht in die Lebensmittelkette gelangt. Die Nutzung in Biogasanlagen wurde erlaubt.

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