Landesparteitag der Grünen: Warten auf Künast

Die mögliche Spitzenkandidatin fehlt beim Landesparteitag - und ist dennoch anwesend.

Renate Künast weilt in China, wenn sich die Parteifreunde zum Landesparteitag treffen. Bild: ap

Sie wird nicht da sein. Wenn die Grünen am Samstag zum Landesparteitag zusammenkommen, ist Renate Künast noch auf China-Tour. Die Spekulationen um eine Spitzenkandidatur bei der Berlin-Wahl 2011 wird das eher beflügeln - über niemanden kann man so gut reden wie über Abwesende. Künast, Fraktionschefin im Bundestag, hält sich zwar bedeckt. Inzwischen aber kann es vorkommen, dass ein führendes Parteimitglied gegenüber der taz Künasts Kandidatur nicht mehr in Frage stellt - und schnell hinterherschickt: "wenn sie denn kommt".

Bei dieser Polit-Variante von Becketts Bühnendrama "Warten auf Godot" ist offiziell alles offen und nichts entschieden. "Wir reden ständig mit Frau Künast", sagte Landeschefin Irma Franke-Dressler auf die Frage, ob man eine Kandidatur denn schon mal mit ihr besprochen habe. Klären soll sich alles zum Jahresende.

Franke-Dressler und ihr Co-Vorsitzender Stefan Gelbhaar strahlten überhaupt viel Zuversicht aus, als sie die Parteitagsthemen vorstellten. In zehn von dreizehn Umfragen seit August 2009 haben die Grünen 20 Prozent und mehr erreicht - so viel hatten sie zuvor nur im Juli 2004. Aktuell stehen sie bei 22 Prozent und sind damit zweitstärkste Partei hinter der SPD, aber vor CDU und Linkspartei. Wäre am Sonntag Abgeordnetenhauswahl, hätten die Grünen zwei Möglichkeiten. Sie könnten Juniorpartner der SPD werden - oder erstmals in Berlin eine Koalition mit der CDU eingehen. In der würden sie als stärkere Partei den bundesweit ersten grünen Ministerpräsidenten stellen - oder eben eine Ministerpräsidentin. Auch da hält sich Franke-Dressler alles offen: Das werde sich am Wahltag zeigen, im Vordergrund seien die Inhalte.

Für den Einzug ins Rote Rathaus wären die Grünen nicht einmal auf die FDP angewiesen, die es mit 4 Prozent derzeit nicht wieder ins Parlament schaffen würde. Das würde die Dinge vereinfachen. Denn zu den Liberalen sind die Verbindungen seit vier Wochen gekappt sind, seit sich die Grünen von einem FDP-Abgeordneten im Parlament als undemokratisch abgestempelt fühlten.

Nicht dass der Kreuzberger Abgeordnete Dirk Behrendt sich die Attacken der FDP gewünscht hätte. Aber seither laufen die Dinge nach seinem Geschmack. Noch vor einem halben Jahr wetterte er gegen eine Koalition mit der FDP. Ziel seiner Kritik war Fraktionschef Volker Ratzmann, der ein Jamaika-Bündnis nicht ausgeschlossen hatte. Ausgerechnet Ratzmann aber, der den Parteitag am Samstag mit einer Rede eröffnen wird, erklärte vor vier Wochen, das "Tischtuch der Zusammenarbeit" mit der FDP sei zerschnitten. "Es geht in die richtige Richtung", zeigte sich Behrendt diese Woche zufrieden.

So steckt bislang eher wenig Konfliktpotenzial in dem Parteitreffen. Denn auch gegen den Leitantrag des Vorstands zum Thema "Mieterstadt Berlin" gibt es keinen großen Widerstand. Ein Gegenantrag einer Gruppe um Behrendt fällt unter Umständen weg, weil der Landesvorstand inzwischen verschiedene Punkte übernommen hat.

So bleibt den Delegierten jenseits der Tagesordnung Zeit genug, sich über Künast Gedanken zu machen - und darauf zu hoffen, dass es bei ihr anders läuft als bei Becketts "Godot": Der kommt nämlich am Ende doch nicht.

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