Haushaltspolitik: Sparhans geht ins Theater

Der Kulturbereich in Schleswig-Holstein soll pro Jahr eine Millionen Euro einsparen. Jetzt müssen einige Angebote gekürzt oder gar eingestellt werden.

Bekommt eine halbe Million weniger: das Schleswig-Holstein-Musikfestival. Bild: dpa

In Schleswig-Holsteins Kultur-szene sitzen die Streicher nicht im Orchestergraben, sondern in der Regierung: Deren Sparpläne bringen sowohl Einzelveranstaltungen als auch Strukturen in Gefahr. "In Schleswig-Holstein wird Tabula rasa gemacht", klagt Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Insgesamt soll der Kulturbereich 2011 und 2012 jeweils eine Million Euro einsparen.

So könnten für einige Angebote des Landestheaters der Vorhang fallen: "Noch eine Spielzeit ist sicher, danach wissen wir nicht, wie es weitergeht", sagt Alfons Niklaus, Sprecher des Orchestervorstandes. Zwar soll das Theater eine "stabile Förderung" erhalten, doch die werde nicht ausreichen, fürchtet er. Besonders die Musiksparte des Theaters scheint gefährdet, 80 Stellen bei Chor und Orchester sind bedroht. Schon im Sommer fallen die Schlosshofspiele auf Schloss Gottorf aus. Seit Wochen demonstrieren Künstler und Publikum jeden Freitag in Flensburg.

Kürzungen überall

Martin Lätzel, Direktor des Landesverbandes der Volkshochschulen, sorgt sich um die Tagungshäuser und Bildungsstätten, darunter das Nordkolleg in Rendsburg, die Akademie Sankelmark bei Flensburg oder die Akademie am See in Plön. Bei diesen und weiteren Häusern soll um 30 Prozent gekürzt werden - "das bedeutet das Aus", sagt Lätzel. Es ließe sich zwar ein "Hotelbetrieb aufrecht erhalten, aber das hat nichts mehr mit dem Bildungsauftrag zu tun". Etwas besser sieht es bei den Volkshochschulen selbst aus: Hier werde es Einbußen am Programm geben, aber kein flächendeckendes Sterben der Häuser.

Dennoch "kommt die Kürzung zur Unzeit", meint Lätzel: "Die Volkshochschulen sind dabei, sich umzugestalten - dieser Prozess wird jetzt gestört." Das Land zieht sich auch aus der Event-Förderung zurück: Das Festival Jazz Baltica erhält keinen Zuschuss mehr, das Schleswig-Holstein-Musikfestival mittelfristig eine halbe Million Euro weniger - die Koalition argumentiert, dass das angesichts des Gesamtbudgets von neun Millionen zu verkraften wäre. Die Festival-Leitung glaubt, dass Veranstaltungsorte aufgegeben werden müssen. Kein Geld mehr bekommt der Schleswig-Holstein-Tag des Heimatbundes - anlässlich der diesjährigen Veranstaltung singt Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) ein Loblieb auf das Ehrenamt.

Auch Verbände betroffen

Musikschulen und freie Theater blieben unangetastet, dafür sind Verbände betroffen, wie der Landesmusikrat, die Kulturarbeit der friesischen Volksgruppe und der Niederdeutsche Bühnenbund. Kunst- und Filmpreise werden ausgesetzt. Der Deutsche Kulturrat schlägt vor, Kulturförderung übergangsweise aus einem Nothilfefonds des Bundes zu zahlen und wünscht sich eine "gesetzliche Verankerung der Kulturförderung auf allen staatlichen Ebenen" - ein fernes Ziel.

Da hat Nathalie Heinrich, Geschäftsführerin des Landeskulturzentrums Salzau, bessere Argumente: Die Regierung möchte den Sitz des Kulturzentrums, ein Herrenhaus mit fast 800-jähriger Geschichte, verkaufen - 1,2 Millionen Euro Ersparnis soll das bringen. Klingt gut, aber Salzau soll seit Jahren verkauft werden, ein Interessent ist nicht in Sicht. "Und ohne Käufer hat es keinen Sinn, uns zu schließen", sagt sie. Zwar ist das Kulturzentrum mietfrei untergebracht, aber es nimmt Geld durch Tagungen und Hochzeiten ein und trägt so zum Unterhalt des Schlosses bei.

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