Rechtspopulisten in Ungarn: Provokationen zum Amtsantritt

Während Mitglieder der rechtsextremen Jobbik mit scharzem Wams und uniformartigen Jacken auftreten, provoziert Premier Orbán die Nachbarn mit der doppelten Staatsbürgerschaft.

Orbán (re) steht von Seiten der Nachbarstaaten und der EU unter Beobachtung. Bild: reuters

WIEN taz | Gábor Vona, der 31jährige Chef der rechtsextremen Jobbik, hält nichts von Leisetreten. Wie angekündigt, erschien er Freitagnachmittag zur konstituierenden Sitzung des Parlaments im schwarzen Wams mit Árpád-Wappen der Ungarischen Garde. Auch einige Parteikollegen trugen bei der Vereidigung uniformartige Jacken. Auf die volle an den SS-Uniformen orientierte Montur verzichteten sie aber.

Die offen faschistische Jobbik ist mit 47 von 386 Sitzen die drittstärkste Kraft im neuen Parlament, nur um zwei Abgeordnete kleiner als die bisher regierende sozialistische MSZP.

Die Magyar Gárda, der paramilitärische Arm der Jobbik, wurde letztes Jahr gerichtlich verboten. Die Gardisten, die an die faschistischen Pfeilkreuzler der 1940er Jahre anknüpfen, die ungarischen Pendants der Nationalsozialisten, waren immer wieder provokant in Uniform und Springerstiefeln durch Roma-Viertel in den Dörfern marschiert und hatten dort Terror verbreitet.

Staatspräsident László Sólyom ging in seiner Festansprache auf die Adjustierung der Jobbik-Abgeordneten nicht direkt ein, warnte aber: "Es ist unzulässig, dass im Parlament aus dem Mund eines Parlamentsmitgliedes zum Hass aufgerufen wird."

Auf Provokation aus ist auch der neue Premier Viktor Orbán. Als hätte Ungarn keine gravierenderen Probleme lancierte er als erste Gesetzesinitiative eine Novelle, die ethnische Ungarn in den Nachbarländern einen ungarischen Pass verschaffen soll. Orbáns nationalkonservative Fidesz verfügt über die notwendige Verfassungsmehrheit, um ein solches Gesetz im Alleingang durchzudrücken.

Besonders in der Slowakei, wo Menschen, die Ungarisch als Muttersprache angeben, mit 500.000 rund zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, konterte man mit scharfen diplomatischen Reaktionen. Die Regierung in Bratislava hat ihren Botschafter in Budapest „zu Konsultationen“ nach Hause geholt. Der slowakische Regierungschef Robert Fico hält das Gesetz über die doppelte Staatsbürgerschaft für ein Sicherheitsrisiko: "Die Verabschiedung der Novelle, falls dies zustande kommt, ist unserer Meinung nach eine Verletzung des Prinzips der friedlichen nachbarschaftlichen Beziehungen". Er erwägt im Gegenzug ein Gesetz, das slowakische Bürger, die einen fremden Pass annehmen, automatisch ausgebürgert werden.

Ängste vor den vor allem von Jobbik vertretenen großungarischen Ambitionen werden geweckt. Jobbik will ja die durch den Friedensvertrag von Trianon 1920 verlorene Territorium zurückholen. Auch in Orbáns Team zeigt man wenig Sensibilität für die Unruhe der Nachbarn. Zoltán Semjén, der für Minderheiten zuständig ist, erklärte: „Es ist das souveräne Recht jedes Landes zu entscheiden, wen es einbürgern will“.

Orbán steht zumindest von Seiten der Nachbarstaaten und der EU unter Beobachtung, ob er seine radikale Wahlkampfrhetorik weiter pflegt und ob er versucht, die rechtsextreme Jobbik zu zähmen oder ob er zulässt, dass die antisemitische und faschistische Partei salonfähig wird. So wird in Medienkommentaren besorgt registriert, dass Jobbik wunschgemäß den Vorsitz im parlamentarischen Ausschuß für nationale Sicherheit bekam. Dort werden auch geheimdienstliche Informationen diskutiert, die als Staatsgeheimnisse gelten.

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