Hartz IV-Urteil: Monatsfahrkarte gilt als Extrakosten
Das Sozialgericht Detmold verurteilte das Jobcenter, die Monatsfahrkarten für zwei Schüler in Hartz-IV-Haushalten zu übernehmen.
DETMOLD dpa | Knapp drei Monate nach dem Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts setzen die ersten Gerichte die neuen Vorgaben um. Das Sozialgericht in Detmold verurteilte jetzt die städtische ARGE, die Kosten von Monatsfahrkarten für zwei Schüler zu übernehmen. Diese Tickets stellten "einen laufenden, nicht nur einmaligen Bedarf" dar, wie er zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums" nötig sei, entschied das Gericht in einem am Freitag veröffentlichten Urteil (S 12 AS 126/07).
Solche Kosten müssen nach der neuen Karlsruher Rechtsprechung seit Februar übernommen werden. Nach Einschätzung des Vizepräsidenten des Sozialgerichts, Uwe Wacker, ist die Detmolder Entscheidung das bundesweit erste veröffentlichte Urteil, in dem die neue Härtefallregelung Anwendung findet.
Die beiden Kläger, Mitglieder einer Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft, besuchen die gymnasiale Oberstufe einer rund fünf Kilometer entfernten Gesamtschule. Den Antrag auf Übernahme der Fahrtkosten hatte die beklagte ARGE zuvor abgelehnt, da sie ihrer Meinung nach aus der Regelleistung zu bezahlen seien.
Nach Ansicht der Richter handelte es sich bei der Entfernung zum Schulort jedoch um eine Wegstrecke, die "anders als früher" heute nicht mehr zu Fuß oder per Fahrrad zurückgelegt wird; unabhängig davon, ob die Eltern arm sind.
Da die Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel aber einkommensschwache Eltern davon abhalten könnten, ihre Kinder auf die gymnasiale Oberstufe zu schicken, müsse das Ticket erstattet werden, so das Gericht. Dadurch würden die Chancen der Schüler, am Bildungserfolg teilzunehmen, "merklich verbessert".
Leser*innenkommentare
Harry Steffen
Gast
Die Idee von Mami halte ich auch für Sinnvoll. Da wird immer geschrieben, das die "Elite" wegbricht, und dann so ein Hick-Hack. Die sollen doch froh sein, wenn es noch Jugentliche gibt, die noch lernen wollen!
Carmen
Gast
Hallo alle Miteinander,
ich bin Harz IV Empfänger und hab
3 Kinder, mittlerweile steht mir das Wasser
bis zum Hals. Meine Kinder benötigen jeweils eine Monatsfahrkarte um in die weiterführende Schule im nächsten Ort zu fahren. Bei uns gibt es ziemlich strenge und lange Winter und ich möchte es meinen Kindern nicht zumuten jeden Tag mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren, zumal der Rückweg sehr steil ist und sie auch so schon wenig Zeit für sich selbst noch haben. Die Fahrkarte kostet pro Person über 30 Euro und 60 Euro im Moment haben oder nichthaben, macht unheimlich viel aus bei mir. Nun nach Euren Kommentaren traue ich mich garnicht mehr die Fahrtkostenübernahme bei der Arge zu beantragen.
Keks
Gast
Es ist schon traurig, dass ein "Jobcenter" (was für ein blöder Name) von einem Gericht erklärt bekommen muss wie wichtig Mobilität für Schüler, Studenten und Arbeitslose ist.
christian
Gast
Also 5 km halte ich für grenzwertig ... ich selber fahre seit etwa der 10. Klasse praktisch nur noch mit dem Fahrrad zur Schule (obwohl mir die Karte damals noch bezahlt wurde, in der 11., 12. und jetzt in der 13. müsste sie selbst bezahlt werden), auch im Winter oder bei Regen kein Problem. Bei mir sind es jedoch nur etwas über 3 km, es ist auf der kurzen Strecke einfach viel schneller als mit der Bahn ... die Kosten spielen bei mir keine Rolle, meine Eltern würden die mit Sicherheit übernehmen.
Fände es sinnvoller, wenn man den Jugendlichen ein Fahrrad bezuschusst, denn 5 km sind m.E. noch vertretbar. Nur bei Krankheit ist es etwas blöde, da sollte man doch besser mit dem Zug/Bus fahren.
Amos
Gast
Die Arge schreckt vor nichts mehr zurück um die Gemeindekasse zu schonen.Dabei wären etliche von denen, die den Menschen das Geld vorenthalten arbeitslos, gäbe es die Bedürftigkeit nicht. Die leben quasi durch die Armut der anderen Menschen. Was könnte man für ein Geld einsparen, gäbe es ein Bürgergeld und
diese sogenannten Dienstleister würden der Gemeinde nicht mehr auf der Tasche sitzen.
Eser
Gast
Streng regulierte Hartz IV Massen...
Mami
Gast
Wenn das JobCenter die Monatskarte bezahlen muss, ist das wunderbar. Aber mal ganz ehrlich, wer zahlt all den Geringverdienern die Monatskarte ihrer Kinder? Sollte man nicht einfach die Kosten für Kinder, Azubis und Studis vollkommen abschaffen?