Kopierschutz-Dilemma bei E-Readern: Die Qual der Wahl

Zahlreiche digitale Lesegeräte buhlen um die Gunst interessierter Buchfans. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie oftmals inkompatible Kopierschutzverfahren nutzen.

Amazons Kindle unterstützt gar kein EPUB, also internationalen Standard, sondern setzt auf sein eigenes Format. Bild: dpa

Wer einen E-Book-Reader erwerben will, hat inzwischen die Qual der Wahl: Sony Reader, Bookeen Cybook, Hanvon eBook, Irex Digital Reader oder Amazons Kindle in zwei Varianten - das Angebot wächst Monat für Monat. Hinzu kommen Smartphones, die man per Software Digitalbuch-tauglich machen kann.

Eingekauft werden kann in zahlreichen Internet-Shops oder direkt auf dem Gerät. Dabei müssen frischgebackene E-Book-Fans allerdings darauf achten, dass beileibe nicht jedes Buch mit jedem Reader funktioniert. Dabei versucht die Branche seit Jahren, gemeinsame Standards zu finden.

Wie dieses Jammertal aussehen kann, konnte man lange Zeit mit dem PDF-Format erleben, das in kopiergeschützter Form zum E-Book-Verkauf genutzt wurde (und teilweise noch immer wird). Wer bei "ebooks.com" und Co. einkaufte, hatte das Problem, dass das digitale Druckwerk nur auf Laptop- und Desktop-Rechnern und nicht auf den damaligen Reader-Geräten lesbar war. Sonys Reader beispielsweise verstand geschützte PDFs erst nach einem Software-Update.

Das soll dank EPUB, einem internationalen Standard, nun alles besser werden. Das Format ist grundsätzlich eine feine Erfindung: Endlich haben sich die Anbieter von Leseprogrammen und E-Book-Readern mit den Verlagen darauf geeinigt, wie ein Buch digital gesetzt werden muss, damit es auf möglichst vielen Maschinen korrekt dargestellt wird. Dabei orientiert sich die Branche an den vom Internet bekannten XHTML- und CSS-Techniken, was diverse Layout-Möglichkeiten zulässt. (Wenn auch die Multimedialität mit Musik oder Videos derzeit noch fehlt, doch darum ging es dem ausführenden Konsortium zunächst nicht.)

Doch EPUB hat einen zentralen Haken: Es lässt sich, so wollten es die Rechteinhaber, mit einem proprietären, also nicht offenen, Kopierschutz versehen. Dieses so genannte digitale Rechtemanagement, kurz auch DRM genannt, ist wie eine verschlossene Kiste, in die die EPUB-Dateien eingepackt werden. Das dafür verwendete Schloss ist jedoch nicht standardisiert: So kann etwa ein EPUB für Apples iPad nicht auf einem Sony Reader genutzt werden, das nur das Adobe-DRM versteht.

Hier sind dann solche Lesegeräte im Vorteil, die sich mit verschiedenen E-Book-Programmen aufrüsten lassen - man muss dabei aber darauf hoffen, dass das Lieblingsformat (beziehungsweise jenes, in dem das gerade gewünschte Buch angeboten wird) auch dabei ist. Amazons Kindle unterstützt wiederum gar kein EPUB, sondern setzt auf sein eigenes Format.

DRM ist auch aus einem anderen Grund problematisch: Die Kunden erwerben nicht mehr ein physisches Produkt, das sie auf Wunsch problemlos weiterverkaufen könnten, sondern nur ein Nutzungsrecht am Inhalt - eine Lizenz zum Lesen, sozusagen. Was das praktisch heißen kann, zeigte im vergangenen Jahr eine Löschaffäre rund um Amazons Kindle: Dort fanden User, die ein bestimmtes Buch - ironischerweise ausgerechnet Orwells "1984" - erworben hatten, ihren Reader am nächsten Tag plötzlich ohne das Werk vor.

Grund waren unklare Urheberrechte beim anbietenden Verlag, woraufhin der E-Commerce-Riese Amazon sich entschloss, einfach kurzfristig alle bereits verkauften Bücher von den Lesegeräten zu tilgen. Zwar entschuldigte sich das Unternehmen später dafür ("Große Dummheit") und lieferte Geldersatz - die Möglichkeit, an der Bibliothek der Kundschaft herumzufuhrwerken, behält sich der Konzern jedoch weiter vor.

Es gibt zudem noch den umgekehrten Fall zum hart durchgreifenden Urheberrechtsbesitzer - dann nämlich, wenn sich ein DRM nutzender Anbieter entschließt, seine Server abzuschalten oder sich aus anderen - z.B. wirtschaftlichen - Gründen tot stellt. Dann ist die teure E-Book-Sammlung plötzlich nichts mehr wert. So muss man etwa jedes im Adobe-Format erworbene elektronische Buch beim Umzug auf einen neuen Rechner erneut freischalten lassen, die Lizenz ist auf das Gerät gemünzt.

Entscheidet Adobe in ein paar Jahren, diesen "Autorisierung" genannten Vorgang nicht mehr anzubieten, weil beispielsweise das Format veraltet ist, bleiben die Werke womöglich auf einem Uralt-Reader gefangen. DRM hat deshalb auch schwere Nachteile bei der Archivierung, weswegen sich etwa die Deutsche Bibliothek um die Möglichkeit bemüht, E-Books auch im Nur-Text-Format speichern zu dürfen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.