Machtwechsel in Kirgistan: Übergangsregierung will Neuwahlen

In Kirgisien hat sich eine Interimsregierung gebildet. Sie will schnell Neuwahlen und verspricht Demokratie. Doch der alte Präsident hält an der Macht fest.

Demonstranten feiern die Einnahme des Parlamentsgebäudes in Bischkek. Bild: dpa

BERLIN apn/dpa/taz | Nach gewaltsamen Protesten in Kirgisien, die Dutzende Todesopfer forderten, hat die Opposition die Macht übernommen. Sie rief am Donnerstag in der Hauptstadt Bischkek eine Übergangsregierung aus und löste das Parlament auf. Die frühere Außenministerin Rosa Otunbajewa stellte sich als neue Regierungschefin vor und sagte, die Opposition habe die vollständige Kontrolle über das Land übernommen.

Die Übergangsregierung wolle binnen sechs Monaten Neuwahlen durchführen, außerdem solle eine neue Verfassung vorbereitet werden. Otunbajewa forderte den entmachteten Präsidenten Kurmanbek Bakijew zum Rücktritt auf. Bakijew hatte Bischkek am Mittwoch verlassen und hält sich offenbar in der Region Dschalalabad auf. Von dort erhebt er weiter den Anspruch, Präsident zu bleiben.

"Die Macht ist nun in der Hand der Regierung des Volkes", sagte Otunbajewa in einer Rundfunkansprache, in der sie die Bevölkerung zur Ruhe aufrief. Rosa Otunbajewa machte Bakijew für die Gewalt der vergangenen Tage verantwortlich und sagte, die Ereignisse "waren eine Antwort auf Aggression, Tyrannei und die Unterdrückung abweichender Meinungen".

Die Unruhen hatten am Dienstag mit Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei in der Provinzstadt Talas begonnen, Anlass waren massive Preiserhöhungen für Strom und Gas. Am Mittwoch erreichte der Aufruhr die Hauptstadt Bischkek. Tausende Demonstranten stürmten den Regierungssitz, auch zwei Märkte wurden niedergebrannt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums kamen landesweit 74 Menschen ums Leben, etwa 400 wurden verletzt.

Am Donnerstag flammte die Gewalt wieder auf. Medien berichteten über Brandstiftungen. Der neue Innenminister Bolot Schernijasow ordnete daraufhin an, auf Plünderer und Randalierer schießen zu lassen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schickte den früheren slowakischen Außenminister Jan Kubis in das zentralasiatischer Land, der dort am Freitag Gespräche führen soll. China, das fast 900 Kilometer Grenze zu Kirgistan hat, äußerte sich "tief besorgt" über die Vorgänge im Nachbarland.

Der 60-jährige Bakijew war nach der sogenannten Tulpenrevolution im Jahr 2005 mit dem Versprechen demokratischer Reformen Staatschef geworden. Im vergangenen Sommer wurde er in einer umstrittenen Wahl im Amt bestätigt. Die Opposition und Menschenrechtler warfen ihm Korruption, Machtmissbrauch und Unterdrückung der Meinungsfreiheit vor.

Am Donnerstag hat Russlands Ministerpräsident Putin in einem Telefonat mit Otunbajewa der neuen Regierung Hilfe zugesagt (siehe Text rechts). Gleichzeitig trafen am selben Tag 150 russische Fallschirmjäger als Verstärkung auf dem russischen Stützpunkt Kant bei Bischkek ein.

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