Weltstars Heimpremiere: Ruud ist keine Maschine

Gegen seinen früheren Verein PSV Eindhoven trifft Ruud van Nistelrooy ausnahmsweise nicht. Aber er bringt sofort Unruhe in des Gegners Strafraum.

Musste gegen seinen Ex-Klub Eindhoven über eine Stunde auf der Bank warten: Ruud van Nistelrooy. Bild: dpa

HAMBURG taz | Macht keine Skandale, macht keinen Stunk, macht keinen Ärger. Macht Tore. Ruud van Nistelrooy, 33 Jahre alt, kam als Rutgerus Johannes Martinus van Nistelrooij in Oss, Niederlande, Provinz Nordbrabant, auf die Welt. Er wuchs in Geffen auf und wenn jemand versucht, seine Fähigkeiten zu beschreiben, die ihn, als einzigen Spieler der Welt, zum Torschützenkönig in drei wichtigen europäischen Ligen machte, dann geht das meist in die Hose.

Als van Nistelrooy für Manchester United spielt, entstand das Wort von der „Tormaschine“. Was Ruud van Nistelrooy hat, hat keine Maschine. Als bei seinem ersten Tor für den Hamburger SV alle Abwehrspieler des VfB Stuttgart im Strafraum nach rechts liefen, lief er nach links, weil da der Ball hin kam. Eine Maschine hätte das gemacht, was die Stuttgarter Abwehrspieler machten.

Und bei seinem zweiten Tor, ein paar Sekunden danach, traf er den Ball nicht richtig. Übrigens traf er den Ball mit dem anderen Fuß. Aber nicht richtig. Rein ging er trotzdem. Eine Maschine hätte den Ball richtig getroffen, und dann wäre er nicht rein gegangen.

Alex Ferguson nennt ihn „den besten Stürmer im Strafraum, den ich je gesehen habe“. Hat eine Menge gesehen, der Ferguson.

Es ist auch oft die Rede von Instinkt. Ist Quatsch. Es ist ein Ahnen, Hoffen, Vermuten, Spekulieren, dorthin zu laufen und nicht dahin. Also genau kein Instinkt. Es ist schwer, eine Erklärung zu finden, für einen jungen Mann, der für den PSV Eindhoven, gegen den HSV am Donnerstagabend in der Europa League antrat, in seiner ersten Saison 31 Tore in 34 Spielen machte.

Und für Manchester United in 150 Spielen ziemlich ungeheuerliche 95 Tore, und für Real Madrid in 71 Spielen genau 50 Tore und für den HSV in zwei Spielen, in denen er zusammen 28 Minuten auf dem Platz stand, zwei Tore. Die Abwehrspieler des VfB haben so geguckt, wie alle Abwehrspieler gucken, wenn er gegen sie getroffen hat.

Gegen Eindhoven ging der HSV mit 1:0 in Führung, als PSV-Innenverteidiger Stanislav Manolev im Strafraum HSV-Stürmer Mladen Petric foulte und Schiedsrichter Claudio Circhetta (Schweiz) Elfmeter pfiff, den Marcell Jansen sicher verwandelte (26.). Van Nistelrooy blieb erst mal auf der Bank.

Bis zur 64. Minute, dann wurde er für Marcus Berg eingewechselt und schoss zwei Minuten später zum ersten Mal aufs Tor des PSV. Van Nistelrooy brachte Hektik in die PSV-Abwehr, alle wissen um seine Gefährlichkeit, keiner weiß ein Mittel. Die PSV-Abwehr schaffte es immerhin, dass van Nistelrroy, den die 37.000 Zuschauer schon beim Aufwärmen feierten – und der HSV kein weiteres Tor schossen.

Nach den Toren gegen den VfB haben ihn seine Mitspieler fast erdrückt. „Ganz normal“, sei er, sagte Mannschaftskapitän David Jarolim. Man merke es nicht, das mit dem Weltstar. „Professionell“, sagt HSV-Trainer Bruno Labbadia über ihn. Keine Allüren, keine Extrawürste, gutes Benehmen, höflich. Da jubeln dann auch die Ersatzspieler, die Physios, die Co-Trainer, wenn so einer trifft.

Van Nistelrooy liegt mit 59 Toren an zweiter Stelle der ewigen Torschützenliste im Europapokal, vor ihm rangiert nur noch – Raúl (Real Madrid). Allein um an dieser Zahl noch ein bisschen zu verbessern, sollte der HSV die Qualifikation für die Champions League schaffen.

Es gibt eigentlich nur zwei Zustände bei Ruud van Nistelrooy: am Knie verletzt oder Tor. Er würde gerne noch mal für die niederländische Nationalmannschaft spielen. Da gab es tatsächlich mal ein bisschen Unruhe, als Marco van Basten Bondscoach war. Beim WM-Achtelfinale der WM 2006, Niederlande gegen Portugal, ließ van Basten seinen Stürmer bis Spielende auf der Ersatzbank sitzen. Niederlage für Oranje. Van Nistelrooy hätte gerne einen anderen Abschied von der Elftal. Zum Beispiel bei der WM in Südafrika.

Das wäre auf der Bank bei Real Madrid nicht gegangen. Das geht beim HSV besser. Der HSV zahlte keine Ablöse. Real Madrid soll einst 15 Millionen Euro Ablöse an ManU gezahlt haben – und fünf Millionen netto im Jahr an van Nistelrooy.

Warum er bei Real nicht mehr gespielt hat, ist auch nicht einfach zu erklären. Aber manchmal ist es in Spanien so, dass man keine Chance mehr bekommt, weil sie nicht mehr an einen glauben. Die Trainer, die Mitspieler, die Zuschauer, die Bosse. Weil man zu lange verletzt war. Sie schreiben einen ab und dann muss man gehen.

Wenn Bruno Labbadia gefragt wird, was es denn ist, bei Herrn van Nistelrooy, dann zählt der Ex-Stürmer, der sich mit dem Thema gut auskennt, auf: „Ist gut im Kopfball, schnell, sehr beweglich, läuferisch gut, kann mit beiden Füßen schießen, technisch gut, kann dribbeln.“ Da muss man lange suchen, bis man so eine Kombination findet. Mit der Erfahrung, die van Nistelrooy auch noch hat.

Man kriegt Ruud van Nistelrooy nicht auf einen Begriff. Wir gucken ihm jetzt mal zu und haben Spaß. Und schauen, wie sich die anderen HSV-Spieler auf ihn einstellen. Und wir nennen ihn nicht Tormaschine und schreiben nicht von Instinkt.

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