Israelischer Sänger Asaf Avidan: Frauenstimme, Männerkörper

Jung, Iro und ein bisschen links – der israelische Sänger Asaf Avidan ist mit seiner Band auf Deutschlandtour. Er singt am liebsten über Liebe. In Israel trifft er damit einen Nerv.

"Zufällig Israelis, aber hauptsächlich Künstler": Asaf Avidan und The Mojos. Bild: promo

Etwas stimmt nicht. Da steht ein junger Mann auf der Bühne des Barby-Clubs im Süden von Tel Aviv. Er trägt einen Irokesenschnitt, weißes Shirt und Weste, hat die Gitarre um den Hals. Gleichzeitig ist eine Stimme zu hören, hoch, kratzig, beinahe Falsett, intensiv und doch angenehm. Und obwohl der Mann seinen Mund bewegt und aus den Lautsprechern eine Stimme tönt, ist da eine Wahrnehmungslücke: Frauenstimme, Männerkörper.

Etwas passt hier nicht. Und das Verwirrspiel aus divergierenden akustischen und visuellen Eindrücken ist nicht das einzige. Das Konzert findet keine siebzig Kilometer vom Gazastreifen entfernt statt. Der Mann auf der Bühne aber singt am liebsten über Liebe. Dass die Scheinwerfer gelegentlich Davidsternform annehmen, mag ein Zufall sein.

Mit Janis Joplin wurde Asaf Avidan schon verglichen oder mit der Musik des schwedischen Singer-Songwriters José González. Der Versuch, Avidans Stimme einzuordnen, scheitert aber, weil sie immer anders klingt. Anders als auf der Bühne hat er im Gespräch eine normale Männerstimme. Diese offenbar wandlungsfähige Stimme ist es, die ihm einen Job als Synchronstimme für Trickfilme einbrachte. Die Vergleiche mit den großen Stars ehren ihn, sagt der 29-Jährige, aber eigentlich will er nur Asaf, der Musiker, sein. Mit Janis Joplin vereint ihn der Drang nach einer Bühne für die eigene Zerrissenheit. Nach ersten Versuchen mit der Gitarre studierte er Film und Animation, die Musik jedoch blieb stets im Hinterkopf.

Wenn Avidan traurig ist und wütend, lässt er das raus. Beinahe physisch schmerzhaft seien die Gefühle, sagt er, wenn er darüber keine Songs schreibe. Schwäche spielt in seinen Liedern eine Rolle, Liebeskummer und Tod. Mal sanft, mal wütend singt er in Songs wie "Your Anchor" über schwierige Beziehungen, ohne dass es kitschig wird.

Ein Cello begleitet ihn, in den intensiveren Passagen sind es Bass und Schlagzeug. Seine Songs nutzen die ganze Bandbreite folkiger Rockmusik. Am meisten ans Herz geht es, wenn Avidan zur Mundharmonika greift.

Seine, wie er sie nennt, "inneren Dämonen" auszudrücken, war ihm so wichtig, dass er seine erste EP selbst produzierte. Es kam nichts anderes in Frage, als auf der Bühne zu stehen. Für ihr Debütalbum "The Reckoning" wurde seine Band The Mojos 2008 für die MTV Music Awards nominiert. Der gleichnamige Titelsong schaffte es auf eine CD des Musikmagazins Rolling Stone. Dann bestimmte die englische Popikone Morrissey Asaf Avidan and The Mojos zu seiner Vorband. Mittlerweile füllt Avidan die Hallen alleine.

Er hat bereits einen Plattenvertrag mit Sony. Trotzdem, Asaf Avidan will ein unabhängiger Künstler sein und auf seine Art ein Botschafter. Als er sieben war, gingen seine Eltern, sie waren Diplomaten, mit ihm nach Jamaika. Vielleicht ist das der Grund, dass er seine Worte so mit Bedacht wählt, wenn es nicht um Liebe geht.

In Israel trifft er damit einen Nerv. Sein Publikum findet nicht nur Gefallen an seinem Haarschnitt - viele der Zuhörer tragen wie Avidan Iro. Und sie sind wie er: jung, beschäftigt, in Beziehungen und politisch links, aber nicht so sehr, dass sich das in aktivem Engagement ausdrückt. Vor dem Interview bittet der Bruder und Manager Roie Avidan auch, den Fokus auf die Musik zu legen. "Wir sind zufällig Israelis, aber hauptsächlich Künstler." Dass politische Fragen kommen, kann Asaf Avidan verstehen. "Aber da meine Songs nicht politisch sind, bin ich nicht derjenige, der sich zu diesen Themen äußern sollte." Versucht er, darüber Dinge zu schreiben, ergebe das verkopfte Songs. "Es fühlt sich nicht richtig an", stellt er lakonisch fest.

Noch nicht. Schon mit dem neuen Album "Poor Boy/Lucky Man", das bisher nur in Israel erschienen ist, hat er tiefer geschürft. Vorerst tiefer nach innen. Eines Tages könnte es auch sein, dass seine Musik politischer wird, sagt er. Er hofft, sich in dieser Hinsicht weiterzuentwickeln. Bis dahin kommt er nach Berlin oder Bielefeld, um Lieder über die Liebe zu singen.

Asaf Avidan and The Mojos live, 21. 1. Berlin, 24. 1. Leipzig, 25. 1. Hamburg, 28. 1. Bielefeld, 2. 2. Frankfurt, wird fortgesetzt

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