Psychokrimi im Ersten: Blaues Wunder in Karlsruhe

Im neuen ARD-Krimi „Sechs Tage Angst“ spielt die russische Drogenmafia mit den Ermittlern. Sogar die Staatsanwältin (Katharina Böhm) steht unter Mordverdacht.

Tom und Katja Schilling (Thomas Sarbacher und Katharina Böhm) inspizieren das ausgebrannte Auto, in dem die verkohlte Leiche eines Weißrussen gefunden wurde. Bild: swr/krause-burberg

Täter- und Ermittlerperspektiven wechseln gleich mehrfach. So zeigen bereits die ersten Szenen des SWR-Krimis die wichtigsten Akteure: Die russische Drogenmafia ermordet ihren Kurier Igor. Staatsanwältin Katja Schilling entdeckt Igors Schwester am Tatort und damit ihre wichtigste Zeugin. Schillings langjähriger Erzfeind, der Bandenchef Mankoff, landet in Untersuchungshaft. Der Fall scheint klar.

Doch sechs Tage vor der wichtigen Zeugenvernehmung bläst die Mafia von Karlsruhe zur Hetzjagd auf die Zeugen. Die Justiz gerät unter Druck, und Katja Schilling erlebt ihr blaues Wunder.

Die Staatsanwältin, Katharina Böhm in der Hauptrolle, wird jäh vom Souverän in Amtsrobe zum Spielball der badischen Unterwelt. Die Fernsehkrimiautoren Johannes Dräxler und Remy Eyssen, bekannt u. a. durch „Die Kommissarin“ und „SOKO Wien“, haben Schilling dabei recht naiv und allzu verletzlich angelegt. Hier stolpert sie über eine Studentenliebschaft, dort fällt sie auf einfache Tricks herein. Erschwerend für die geschwächte Staatsdienerin ist es – hier wird nun ein altbekanntes Krimimotiv bemüht –, dass Staatsanwaltschaft und Polizei sich beharken, zumal Schillings Exmann ermittelt. Diesen Ungeliebten spielt Thomas Sarbacher übrigens ausgezeichnet.

Der aus einigen „Tatort“-Folgen bekannte schweizerische Regisseur Markus Fischer inszeniert seine Hauptfigur ziemlich sentimental. Der Film ist aber ohnehin kein Actionthriller, trotz ein paar klassischer Straßenszenen wie Blaulichtfahrten und quietschende Reifen im Parkhaus. Auch die Prozessszenen sind meist biederes Zimmertheater.

Vielmehr ist „Sechs Tage Angst“ ein Psychokrimi: Eine verängstigte, einsame Kronzeugin, überzeugend gespielt von der jungen Natalie Rudziewicz, auf der Flucht vor dem kaltblütigen Bandenboss Mankoff. Der sitzt zwar ein, doch von Dirk Martens mit wenigen Worten und einer großartigen Mimik eisigen Kalküls gespielt, ist die Schreckensfigur Mankoff über seinen Klan allgegenwärtig. Eine glänzende Musikauswahl von Peter Scherer verstärkt dieses Spiel bis zur Beklemmung.

So werden ein paar Längen wett gemacht. Und der Film führt in ein durchaus spannendes Geflecht von Misstrauen, Verrat und wachsender Angst, ein intelligent eingefädeltes Fluchtszenarium mit überraschenden Wendungen. Besonderer Verdienst ist der konsequente Bruch mit dem lieb gewonnenen Zuschauergefühl, die Guten gut zu kennen, wenn die Staatsmacht im Fernsehen auf Verbrecherjagd geht.

Sechs Tage Angst. Mittwoch, 13.1.2010, 20.15 Uhr. ARD. Mit Katharina Böhm. Regie: Markus Fischer. 89 Minuten.

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