Sarkozys Plan für Online-Kulturförderung: Google soll bezahlen!

Wie erzieht man Netzpiraten zu braven Bürgern? Sarkozys Rezept: Eine "Google-Abgabe" auf Internet-Werbung soll gebührenpflichtige Musik-Downloads subventionieren.

Frankreichs Regierung prüft eine Steuer auf die Werbeeinkünfte großer Suchmaschinen und Portale im Internet. Bild: dpa

PARIS taz | Frankreich versucht im Internet alles mit Gesetzen unter staatliche Aufsicht zu stellen. In einem ersten, Ende 2009 nach langem Hin und Her verabschiedeten Gesetz wurde den uneinsichtigen Raubkopierern von Musik, Filmen oder Computer-Games ein befristeter Ausschluss aus dem Netz angedroht, wenn sie sich nach erfolgter Mahnung nicht an die Regeln der Marktwirtschaft halten und bezahlen für ihren Online-Konsum.

Bisher hat man allerdings nicht den Eindruck, dass die Angst vor einer Internetsperre oder Buße die französischen Internet-Surfer zu einer Änderung ihrer Gewohnheiten bewogen hat. Viele von ihnen sind ja damit aufgewachsen, dass es im Internet alles umsonst gibt. Die Repression brachte zudem, wie die Opposition in der Parlamentsdebatte mehrfach geltend machte, den über geplünderte Urheberrechte jammernden Musik- und Filmschaffenden keinen lumpigen Centime ein.

Dem wird nun abgeholfen. Präsident Nicolas Sarkozy hat Gesetzesvorschläge einer Kommission, die von Kulturminister Frédéric Mitterrand zu diesem Zweck eingesetzt worden war, sofort weitgehend gutgeheißen. Der Vorsitzende der Expertengruppe, Patrick Zelnik, ist schließlich ein guter Bekannter, er leitet das Musiklabel Naïve, das unter anderem die Chansons der Präsidentengattin Carla Bruni vermarktet. Diese Zelnik-Kommission regt an, für jugendliche Online-Musikkonsumenten eine Art öffentlich subventionierte Kreditkarte mit einem nominellen Wert von 50 Euro zu schaffen, von denen 20 Euro vom Staat und 5 Euro von den Online-Anbietern selber bezahlt würden, so dass der Kartenbesitzer für das legale Herunterladen von Songs nur noch den halben Preis bezahlen muss.

Um zusätzliche Kosten für die Staatskasse zu vermeiden, sollen die großen Internetunternehmen, die mit ihren Werbebannern im Netz das grosse Geld verdienen, mit einer Abgabe in der Höhe von 1 oder 2% ihrer Umsätze zur Kasse gebeten werden: Jedes Mal, wenn ein französischer Internet-Surfer auf so einen Werbungs-Link klickt, wird das gezählt und in Rechnung gestellt. Bezahlen sollen auch die Provider, die geringfügig mehr Mehrwertsteuer als bisher auf die Abonnements bezahlen müssten. Insgesamt soll das Kulturministerium auf diese Weise rund 50 Millionen Euro pro Jahr für seine neue Online-Kulturförderung einnehmen. In noch unbekannter Weise soll dieses auch den legalen Film-Download und den Verkauf digitalisierter Bücher subventionieren. Sarkozy findet die Idee, das Geld bei Google, Yahoo, Facebook und Co. zu holen, schon mal exzellent: "Diese Unternehmen bezahlen ihre Steuern dort, wo sie ihren Geschäftssitz haben, reißen sich aber einen wesentlichen Teil unseres Werbemarktes unter den Nagel."

Das von der Presse bereits "Google-Taxe" getaufte System bietet reichlich Diskussionsstoff. Unter dem Titel "Asterix kontra Google" spottet der französische Medienkritiker Claude Soula auf seinem Blog: "Das Asterix-Syndrom schlägt wieder zu: Dieses Mal will Frankreich den neuen Cäsaren der modernen Welt besiegen: Google." Das sei zwar für die Gallier ein gefälliges Drehbuch, doch dieser Kampf sei alles andere als schon gewonnen. Denn selbst im Pariser Kulturministerium herrsche die Meinung vor, so eine Besteuerung sei höchstens zu verwirklichen, wenn alle EU-Staaten mitmachten. Google Frankreich kritisierte bereits diese "fiskalische Logik", welche von einem Antagonismus zwischen Internet und Kultur ausgehe.

In "Libération" äußert Chris Anderson, Herausgeber des Magazins "Wired" große Zweifel an der Realisierbarkeit und am Sinn einer solcher Abgabe: "Das ist eine sehr veraltete Sichtweise. Ich habe grundsätzlich nichts gegen Steuern und Subventionen. Aber ich glaube, dass es wegen der globalen Natur des Internets absolut unmöglich ist, dass ein solches System funktionieren kann. Die Besteuerung in einem Land führt bloß dazu, dass die Anbieter anderswo hingehen."

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