Ein Buch über Afrika und Fußball: Auf der Suche nach der Wahrheit

Fußball und Politik n Afrika sowie die aktuelle Situation im WM-Gastgeberland sind Themen in dem Buch von Zeitkorrespondent Bartholomäus Grill.

Green Point-Stadium in Kapstadt wird extra für die WM gebaut. Bild: dpa

In Afrika fällt ein Tor oder es fällt kein Tor. Der Starstürmer läuft seinem Gegenspieler davon oder er hat sich verletzt. Der Schiedsrichter pfeift korrekt oder er ist urplötzlich erblindet. Wer ist schuld? Natürlich die Geister und Dämonen, die Hexen und Medizinmänner. So ist das in Afrika, so beschreibt es Bartholomäus Grill in "Laduuuuuma!". Aber: So ist es in Afrika auch wieder nicht. Und auch das beschreibt Grill.

Das Buch ist nicht Grills erstes über den Kontinent, von dem er für Die Zeit seit langen Jahren als Korrespondent berichtet. Und es ist auch nicht das erste, das sich abarbeitet an den afrikanischen Klischees. Auch wenn diese Sammlung von Reportagen und Hintergrundtexten unter dem Untertitel "Wie der Fußball Afrika verzaubert" zusammengestellt wurde mit Blick auf die WM 2010, ist sie doch vor allem eins: ein Buch über Afrika.

Grills Afrika ist der schwarze Teil des Kontinents. Die arabischen Länder kommen bei ihm nicht vor. Anhand des Sports, der die Welt bewegt, versucht Grill zu erklären, wie dieses Schwarzafrika funktioniert. Oder besser: wie es allzu oft nicht funktioniert. Aber weil der Fußball, vor allem in Afrika, nicht zu trennen ist von der Politik, schreibt Grill in der ersten Hälfte des Buchs eher über Afrika im Allgemeinen und die aktuelle Situation im WM-Gastgeberland im Speziellen. Da kommt der Fußball etwas kurz. Aber dann nimmt Grill Fahrt auf, zieht los auf staubige Plätze, von denen vor dem Training erst einmal die Rinder vertrieben werden müssen, und langweilt sich beim "Schlafwagenfußball" der ersten Liga. Er erzählt anhand des Fußballs die Geschichte der Apartheid und trainiert selbst die Jungs aus der Nachbarschaft. Er fährt auf die Gefängnisinsel Robben Island, wo die einsitzenden ANC-Kämpfer eine eigene Liga aufgebaut hatten und Fußball zum Teil des Freiheitskampfes wurde. Aber Grill muss bei einer Reise durch Ruanda auch feststellen, dass der Fußball nicht alle Wunden heilen kann, die einer der brutalsten Bürgerkriege aller Zeiten geschlagen hat.

Grill steckt in einem Dilemma. Seit anderthalb Jahrzehnten lebt er in Südafrika, er hat das Land liebgewonnen, aber er will auch nichts schönschreiben. Also kreist er notgedrungen beständig um die ewigen Fragen: Wo hört die Wahrheit auf, wo beginnt das Klischee? Oder sind die beiden womöglich deckungsgleich? Sein Buch ist noch keine Seite alt geworden, da war Afrika schon "bedrohlich" und versprühte Nelson Mandela einen "zauberhaften Charme". Kurz darauf beklagt sich Grill bitterlich über die vorurteilsbeladene Berichterstattung der Kollegen, vor allem über die Panikmache des Spiegel.

Man spürt, es tut ihm weh, aber schlussendlich muss er viele Klischees - wenn schon nicht bestätigen - dann doch zumindest illustrieren. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als die gewohnten Figuren vorbeiziehen zu lassen: Die korrupten Politiker und die sich selbst bereichernden Funktionäre, die Fußball-Entwicklungshelfer aus dem fernen Europa und natürlich auch die Medizinmänner, die mit ihren Zaubertränken und geheimnisvollen Ritualen meist wichtiger scheinen als sogar die Trainer. Aber das ist ja auch kein Wunder: "Laduuuuuma!" ist eben nicht nur ein Buch über Fußball, sondern vor allem und in erster Linie eben ein Buch über Afrika.

Bartholomäus Grill: "Laduuuuuma! Wie der Fußball Afrika verzaubert". Hoffmann und Campe, 260 Seiten, 20 Euro

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