Polisario-Sprecher Mhamed Khadad: "Sie verlangt nichts Unmögliches"

Seit einem Monat befindet sich die sahrouische Menschenrechtlerin Aminatou Haidar auf Lanzarote im Hungerstreik. Der Vertreter der Polisario verlangt ein Eingreifen der Europäischen Union.

Demonstrantinnen in Santa Cruz de Tenerife setzen sich für die Menschenrechtlerin Aminatou Haidar ein. Bild: dpa

taz: Herr Khadad, die sahrauische Menschenrechtsaktivistin Aminatu Haidar befindet sich seit einem Monat auf Lanzarote im Hungerstreik, weil Marokko sie daran hindert, in ihre Heimat Westsahara zurückzukehren. Welchen Ausweg sehen Sie als Vertreter der Polisario?

Mhamed Khadad: Aminatu Haidar wurde von Marokko völlig ungerechtfertigt abgeschoben. Sie verlangt nichts Unmögliches. Sie besteht nur auf dem fundamentalen Recht zurückzukehren, um mit ihren Kindern und ihrer Mutter zusammenzusein. Marokko weigert sich. Das ist inakzeptabel. Denn es geht hier um etwas Grundsätzliches - um die Menschenrechte. Marokko ist einer der privilegierten Partner der Europäischen Union. Und das, obwohl Marokko weder den demokratischen Ansprüchen der EU gerecht wird noch die Menschenrechte respektiert. Der Fall Haidar zeigt dies sehr deutlich. Die EU muss ihre Politik gegenüber Marokko endlich überdenken.

Wie erklären Sie sich die zögerliche Haltung Spaniens?

Spanien ist für Marokko von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Madrid macht sich immer wieder zum Sprecher Marokkos in der EU. Marokko droht immer wieder damit, die Zusammenarbeit in Sachen Immigration oder Terrorbekämpfung einzustellen. Rabat erpresst damit nicht nur Spanien, sondern auch die EU. Das geht auf unsere Kosten. Wir sind seit 34 Jahren besetzt, unsere Rechte werden mit Füßen getreten. Ich frage mich, wie lange Europa das noch mitmachen will.

Marokko bietet den Sahrauis jetzt einen Autonomiestatus innerhalb Marokkos an. Was halten Sie davon?

Die Westsahara gehört nicht zu Marokko. Das Gebiet ist besetzt. Also kann Marokko nach internationalem Recht gar keinen Autonomiestatus anbieten. Die Bevölkerung muss entscheiden. Aminatu Haidar war sieben Jahre alt, als die Westsahara besetzt wurde. Ihr Hungerstreik zeigt, dass alle Versuche, die Sahrauis zu marokkanisieren, gescheitert sind.

Der Gesundheitszustand von Aminatu Haidar verschlechtert sich zusehends. Wäre es nicht an der Zeit zu sagen: "Du hast die Öffentlichkeit wachgerüttelt, jetzt hör bitte auf mit dem Hungerstreik?"

Das Leben von Aminatu Haidar ist für uns sehr wichtig. Wir wollen nicht, dass sie sich mit dem Hungerstreik weiter in Gefahr bringt. Aber Haidar fühlt sich ungerecht behandelt. Haidar ist die einzige Deportierte des 21. Jahrhunderts.

Was passiert, falls Aminatu Haidar stirbt?

Das mag ich mir gar nicht vorstellen. Ich wünsche mir, dass sie weiterlebt und die Möglichkeit hat, nach Hause zurückzukehren. Doch Haidar ist kein Einzelfall. Dutzende von sahrauischen Menschenrechtlern wurden in den letzten Monaten inhaftiert. Internationale Delegationen werden bei ihrer Arbeit behindert. Falls niemand Marokko stoppt, wird diese Politik zu neuen Spannungen und einer nicht kontrollierbaren Situation vor den Toren Europas führen.

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