Internetkonzern will eigenes Handy verkaufen: "Googlephone" wird getestet

Lange galt das "Googlephone" als Gerücht, nun wird es real: Der Netzriese verteilt das Handy mit hauseigenem Betriebssystem an Mitarbeiter. Verkaufsstart ist nächstes Jahr.

Nächstes Jahr schon soll das Googlephone auf den Markt kommen. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Beweis fand sich in den Logdateien: Auf den Servern mehrerer bekannter Seiten aus der Gadget-Szene tauchten in den vergangenen Tagen Einträge eines neuen Mobiltelefons mit dem ominösen Namen "Nexus One" auf. Noch merkwürdiger: Es schien mit einer Version des Google-Betriebssystems "Android" zu laufen, die offiziell noch gar nicht verfügbar ist. Das Rätsel wurde schließlich von dem Internet-Konzern selbst gelöst: Im offiziellen "Google Mobile"-Blog hieß es am Samstag, das Unternehmen teste gerade ein neues Handy und habe es zu diesem Zweck an Mitarbeiter auf der ganzen Welt verteilt. "Wir fressen unser eigenes Hundefutter", schrieb Produktmarketing-Manager Mario Queiroz. Genaue Details, um welches aufregende neue Gerät es sich handelt, wollte er aber auch nicht nennen.

Diese Aufgabe übernahm dann am Sonntag das Wall Street Journal. Das Finanzblatt berichtete, Google werde bereits im nächsten Jahr ein eigenes Handy auf den Markt bringen - eben unter dem Namen Nexus One, aber erstmals komplett vermarktet unter dem Label "Google".

Damit erfüllt sich ein uraltes Gerücht: Schon vor Erscheinen des mobilen Betriebssystems Android im Jahr 2008 hatte es immer wieder Berichte über das baldige erscheinen eines eigenen "Googlephone" gegeben, mit dem der Netzriese dann beispielsweise endlich effektiv mit Apples populärem iPhone konkurrieren könnte, anstatt sich auf Dritthersteller wie Samsung oder Motorola zu verlassen, die bislang Android-Geräte bauen.

Selbst produzieren wird Google das Nexus One (dessen Name sich durchaus noch ändern kann) allerdings dann doch nicht. Stattdessen wird die Herstellung nach Maßgabe des Internet-Konzerns an den taiwanesischen Produzenten HTC gegeben, der bereits einige andere Geräte mit Android-Betriebssystem auf den Markt gebracht hat. Die liefen unter dem Label HTC, aber auch unter den Markennamen von T-Mobile und Vodafone. Im Gegensatz zu den anderen HTC-Produkten will Google "sein" Gerät aber selbst vermarkten – eben unter der Google-Marke.

Für diese neue Selbstständigkeit spricht auch, dass der Konzern den Verkauf offenbar abseits der großen Mobilfunkkonzerne organisieren will: Das Nexus One wird im Gegensatz zu Apples iPhone oder anderer populärer Smartphones ohne Net- oder Simlock kommen. Das heißt, dass der Kunden sich sein eigenes Netz aussuchen darf, ohne langfristige Verträge eingehen zu müssen, weil sein Gerät auf einen einzigen Anbieter technisch festgenagelt wäre.

Möglich ist auch, dass Google selbst versuchen wird, den Mobilfunkmarkt, den viele in der Internet-Szene für reichlich verschlossen und wettbewerbsgehemmt halten, zu knacken. So könnte der Konzern zu seinem eigenen Netzanbieter werden, der dann vor allem auf mobile Internet-Dienste setzt, so klangen zumindest die Gerüchte von vor einigen Wochen. Diese Dienste könnten dann wiederum dazu genutzt werden, um kostengünstige Sprachtelefonie per Internet (Voice-over-IP) zu vermarkten – zu besseren Preisen als bei den "alten" Mobilfunkanbieter, die weiterhin auf traditionelle Sprachvermittlung setzen, weil die sich umsatzmäßig am stärksten lohnt.

Google hätte hier allerdings ein Problem: Bislang gilt bei dem Konzern die Devise, dass Android als mobiles Betriebssystem möglichst weite Verbreitung findet. Es solle "auf Hunderten Geräten laufen", hieß es beispielsweise von Google-Boss Eric Schmidt.

Wenn Google nun selbst in den Markt einsteigt und die traditionellen Mobilfunker umgeht, könnte sich die Firma unbeliebt machen – sowohl bei den Hardware- als auch bei den Netzpartnern. Die hatten gerade zur Weihnachtszeit versucht, mit einem auf Android basierenden iPhone-Konkurrenten von Motorola zu punkten ("Droid" bzw. in Europa "Milestone").

Von Googles Nexus One, von dem am Sonntag auch erste stimmige Bilder auf Twitpic und anderen Internet-Fotoplattformen auftauchten, ist indes nur wenig bekannt. Es scheint auf früheren HTC-Modellen zu basieren, aber mit einem schnelleren Prozessor der "Snapdragon"-Serie ausgestattet zu sein. Ihm fehlt im Gegensatz zu anderen Android-Handys die Tastatur, was es iPhone-artig macht; außerdem ist ein zusätzlicher Trackball zur schnellen Steuerung integriert. Als Betriebssystem ist eine neue Android-Version vorgesehen.

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