Streit bei der NPD in Treptow-Köpenick: NPD-Fraktion bröckelt

Neonazis streiten sich über NPD-Fraktion in Treptow-Köpenick. Anlass sind Stasi-Vorwürfe gegen einen der Abgeordneten. Parteichef Voigt ist unter Beschuss.

NPD-Fahne weht in Köpenick Bild: ap

Nach außen hin haben sie braune Harmonie ausgestrahlt: NPD-Bundeschef Udo Voigt versuchte sich in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Treptow-Köpenick als Staatsmann. Landeschef Eckart Bräuniger war als rechter Einpeitscher fürs Grobe zuständig. Und der dritte rechte NPD-Verordnete im Vorzeigebezirk Treptow-Köpenick, der kauzige Stadtführer Fritz Liebenow, nahm sich kommunaler Themen an. Harmonisches Spiel mit verteilten Rollen. So schien es bisher.

Am Wochenende hat Bräuniger aber begonnen, seine einstigen Fraktionskollegen im Internet mit Dreck zu bewerfen. Im Juni hatte der einstige NPD-Landeschef und Kroatien-Söldner still und von der Öffentlichkeit fast unbemerkt sein Mandat niedergelegt. Offiziell habe er den Umzug zu seiner Freundin in ein anderes Bundesland als Grund angegeben, sagte BVV-Vorsteher Siegfried Stock (SPD) der taz. Vielleicht war es aber auch das erste Zeichen einer tiefen Zerrüttung der Rechten.

Jetzt teilt Bräuniger aus: Seinen einstigen Fraktionskollegen Fritz Liebenow, der als Anhänger der Monarchie in Deutschland gilt, bezeichnete Bräuniger auf dem rechten Internetportal Altermedia als "unbrauchbar, zutiefst dumm und unserer Idee gegenüber völlig resistent" sowie als "bezirksbekannten Spinner". Dass sich Parteichef Udo Voigt auf einer Fraktionssitzung auf die Seite des unbedarften Liebenows gestellt statt auf die Bräunigers, verärgerte den Exlandeschef sehr.

Anlass für die Attacken auf seine ehemaligen Fraktionskollegen sind offenbar Stasi-Vorwürfe gegen Liebenow, die der Tagesspiegel veröffentlicht hat. Bezirksvorsteher Siegfried Stock will das aus Datenschutzgründen weder bestätigen noch dementieren. "Richtig ist, dass zu vier Verordneten Stasi-Akten aufgetaucht sind und dass die Fraktionen von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen davon nicht betroffen sind. Die Namen unterliegen dem Datenschutz."

Da Stock die NPD nicht als nicht betroffene Partei nennt und diese lediglich drei Verordnete hat, gehört nicht viel Fantasie dazu, auf Liebenow zu schließen: Udo Voigt ist Wessi. Und die im Juni für Bräuniger nachgerückte Mandy Schmidt wäre mit 28 Jahren für eine Stasi-Tätigkeit zu jung. Liebenow selbst dementiert die Stasi-Vorwürfe gegenüber der taz, wenn auch nicht eindeutig. "Ich bin kein Stasi-Mann, sondern ein ganz normaler Mensch. Auch Kapitalverbrechen verjähren nach 20 Jahren. Ich werde auf der nächsten BVV dazu eine persönliche Erklärung abgeben." Auf der NPD-Website hat Voigt ein deutliches Dementi veröffentlicht, in dem der gelernte Fleischer Liebenow in die Nähe des Widerstandskampfes der DDR gerückt wird.

Doch selbst auf rechten Internetplattformen ist es umstritten, ob man Voigt mehr Glauben schenken soll als dem Tagesspiegel. Die Forderung an Liebenow, sein Mandat niederzulegen, wird kontrovers diskutiert. Und Bräuniger fordert auf der rechten Website "gesamtrechts" Voigts Rücktritt als Parteichef.

Die NPD-Mitglieder haben aber eher Grund, ihre drei Bezirksverordneten mit Samthandschuhen anzufassen, wollen sie nicht den Fraktionsstatus riskieren. Denn Liebenow ist parteilos - und betont das oft und gern. Wenn er die Fraktion verlässt, aber Verordneter bleibt, wären die übrigen zwei Verordneten keine Fraktion mehr und würden auch keine Fraktionsgelder mehr bekommen. Das ist der NPD bereits in Marzahn-Hellersdorf passiert, und die Gefahr besteht auch in Lichtenberg. Liebenow äußert sich nicht zu solchen Zukunftsplänen. "Dazu werde ich auf der nächsten BVV was sagen", kündigt er stattdessen an.

Wie sehr die NPD an dem Fraktionsstatus klebt, zeigt eine andere Personalie. Die nachgerückte Verordnete Mandy Schmidt ist schwanger. Entgegen dem in rechten Kreisen verbreiteten Mutterbild will sie auch nach der Entbindung ihr Mandat behalten. "Ich nehme das Baby mit in die BVV; in unserem Fraktionsraum ist immer jemand, der es betreut", sagte sie der taz.

Der Rechtsextremismusexperte der Linken, Hans Erxleben, bezeichnet Schmidt wie auch Liebenow als personelle Verlegenheitslösungen. "Beide machen den Eindruck, dass sie nur vorgeschriebene Reden vom Blatt ablesen können." Als mögliche Nachrückerinnen stehen noch zwei Frauen auf der NPD-Liste: Daniela Knorr und Julia Buder. Beide sind Erxleben zufolge bisher nicht in rechten Zusammenhängen aufgefallen.

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