Mietenspiegel: Altbau-Mieten explodieren

Mietsteigerungen liegen über der Inflationsrate. In Hamburg wird viel zu wenig neu gebaut - auch wegen Klimaschutz-Auflagen, wie Eigentümer behaupten

Weil nicht nur Top-Immobilien wie in der Hafencity rasant im Preis steigen, muss die Stadt einen Rettungsring auswerfen Bild: dpa

Das Wohnen in Hamburg ist - Wirtschaftskrise hin oder her - nochmals teurer geworden. Wie der neue Mietenspiegel ausweist, beträgt die Durchschnittsmiete jetzt 6,76 Euro pro Quadratmeter netto kalt. Das sind 3,6 Prozent mehr als vor zwei Jahren. Der Anstieg lag über der Inflationsrate von 3,1 Prozent. Insbesondere das Angebot an sehr billigen Altbauwohnungen ist kleiner geworden. Nur noch knapp 45 Prozent der Wohnungen kosten weniger als sechs Euro pro Quadratmeter. Vor zwei Jahren waren es noch 48 Prozent.

Der Mietenspiegel wird alle zwei Jahre in einem Zusammenspiel der Stadtentwicklungsbehörde, eines Beratungsunternehmens sowie Mieter- und Vermieter-Verbänden aktualisiert. Er zeigt die örtliche Vergleichsmiete für bestimmte Wohnungen, Wohnlagen und Baualtersklassen und gibt somit einen Anhaltspunkt für eine angemessene Miethöhe.

In den Mietenspiegel fließen alle Mieten ein, die in den vergangenen vier Jahren neu vereinbart oder erhöht wurden. Bei den Neuvermietungen alleine war der Preisanstieg fast doppelt so stark wie im Gesamtdurchschnitt: 7,4 Prozent, wie die Firma Forschung + Beratung unabhängig vom Mietenspiegel ermittelt hat.

Im bundesweiten Vergleich liege Hamburg noch immer im Mittelfeld, sagte Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL). Allerdings bereite ihr "das immer geringere Angebot sehr günstiger Mietwohnungen weiterhin Sorgen". Bei einfach ausgestatteten Altbauwohnungen aus der Zeit vor der Weimarer Republik zum Beispiel sind die Mieten mit bis zu zwölf Prozent teils deutlich überproportional gestiegen.

Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern weist darauf hin, dass in die Zahlen dieser Kategorie nur 15 Prozent Neuvermietungen eingeflossen sind. "Das heißt: Keiner gibt mehr seine Altbauwohnung weg", sagt die Mietrechtlerin. Insgesamt seien vor zwei Jahren 41 Prozent Neuvermietungen eingeflossen und diesmal nur noch 39 Prozent. Der Markt erstarrt. "Das Einzige, was mich beruhigt, ist, dass man sich auf die Fahne geschrieben hat, den Wohnungsbau anzukurbeln", sagt Sonnemann.

Mit seinem Wohnungsbau-Entwicklungsplan fördert der Senat 1.000 Sozialwohnungen und 600 Eigenheime; außerdem kauft er 100 Belegungsbindungen für Sozialmieter. Allerdings fallen jedes Jahr viel mehr Wohnungen aus der Bindung heraus. Insgesamt beziffert der Senat den Neubaubedarf auf 5.000 bis 6.000 Wohnungen pro Jahr.

Trotz der Aktivitäten privater Bauherren ist dieses Ziel in den vergangenen Jahren verfehlt worden. "Die hohen Grundstückspreise und die Steigerung der Baukosten, die im wesentlichen durch die gestiegenen Anforderungen begründet sind", machten das Bauen unwirtschaftlich, sagt Andreas Ibel vom Verband Freier Wohnungsunternehmen (BFW). Wenn ständig neue Auflagen für den Klimaschutz drohten, könnten Bauherren nicht kalkulieren, kritisiert Heinrich Stüven vom Grundeigentümerverband. Selbst Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg sagt: "Wenn die Saga / GWG jetzt sanierte, würden die Mieten explodieren." Den Mietern dürften die Kosten des Klimaschutzes nicht alleine aufgebürdet werden. Hajduk bekräftigte, dass beim Verkauf städtischer Grundstücke künftig nicht nur der Preis sondern auch das Konzept den Ausschlag geben soll.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.