Staatsrecht: Linksfraktion verklagt Senat

Die Schuldenbremse steht im Grundgesetz - aber der Senat hat zugestimmt, ohne dass die Bürgerschaft den Wortlaut des neuen Artikels kannte. Das widerspricht der Landesverfassung, sagt Die Linke

Der Staatsgerichtshof im Justizzentrum spielt mal wieder eine Schlüsselrolle Bild: Bes

Mit gewisser Spannung blicken Parlamentsfraktionen und Rathaus auf den 11. Dezember: Vorm Staatsgerichtshof soll es an diesem Tag zu einer mündlichen Verhandlung kommen, bei der die Kompetenzen der Legislative im Verhältnis zur Landesregierung zu klären sind.

Konkret geht es um die so genannte "Schuldenbremse", also das Verbot jeglicher Neuverschuldung vom Jahre 2010 an - und die fürs Bundesland Bremen wesentliche Zustimmung des Bremer Senats am 13. Juni 2009. Unbestritten hat diese Grundgesetz-Änderung weit reichende Auswirkungen auch auf die bremische Haushaltspolitik - die Königsdisziplin des Parlaments. Und nach Paragraf 79 der Landesverfassung muss der Senat "zum frühest möglichen Zeitpunkt die Bürgerschaft vollständig über Vorhaben im Rahmen der Zusammenarbeit mit Bund, Ländern, Europäischer Union und anderen Staaten" informieren, "die für das Land von herausragender politischer Bedeutung sind". Besonders gelte dies, wenn durch diese Vorhaben "die Gesetzgebungszuständigkeit der Bürgerschaft" berührt ist: "Der Senat gibt der Bürgerschaft frühzeitig die Gelegenheit zur Stellungnahme und berücksichtigt diese", heißt es in der Landesverfassung.

Über die Ergebnisse der Föderalismuskommission und die Schuldenbremse ist viel geredet worden. Den Wortlaut für die Grundgesetzänderung hat das Parlament aber nicht gesehen, bevor Bremen zustimmte. Der endgültige Gesetzestext sei "erst in letzter Minute fertig" gewesen, so zitiert der Schriftsatz der Anwälte der Linksfraktion, was ein Mitarbeiter des Bürgermeisters seinerzeit der taz zur Erklärung sagte. Genau deswegen, so die Fraktion der Linken, konnte es nicht reichen, dass der Senat über die Ergebnisse der Föderalismuskommission informiert hat. "Der Senat wäre verpflichtet gewesen, die Bürgerschaft vor der Zuleitung des Gesetzesantrages an den Bundesrat vollständig zu unterrichten." Verwundert stellen die Anwälte fest: "Die am vorliegenden Verfahren beteiligte Bremische Bürgerschaft (Landtag) hat sich offensichtlich bis heute nicht zum Verfahren erklärt."

In der Tat hatte im Vorstand der Bürgerschaft ein Entwurf zu einer Erklärung zu dem Thema vorgelegen, diese wurde dann aber nicht weiter bearbeitet. Sie habe rechtliche Fehler enthalten, sagen die einen. Aus dem Rathaus habe es den Wink gegeben, man solle die Finger vom Thema lassen, sagen andere. Da der Bürgerschaftsvorstand streng vertraulich tagt, erfährt man offiziell zu dem Vorgang nichts.

Für alle Fraktionen muss das Ergebnis der rechtlichen Prüfung dennoch von großer grundsätzlicher Bedeutung sein. Vor allem im Hinblick auf die neue Rechtslage im Verhältnis zur EU, wo den Länder deutlich mehr Befugnisse eingeräumt werden, wird mit Spannung erwartet, ob der Staatsgerichtshof sich äußert zur Frage der Rechte der Legislative. Im Paragraf 79 der Bremer Landesverfassung sind "insbesondere" Vorhaben aufgeführt, bei denen das Land Bremen "Hoheitsrechte auf die Europäische Union" überträgt.

Der Senat macht es sich mit seiner Klageerwiderung bisher leicht: Die Fraktion der Linken hätte die gesetzliche Frist nicht eingehalten. Die sei, so die Rechnung des Senats, am 24. Juni ausgelaufen gewesen. Bei Gericht eingegangen ist die Klage jedoch am 2. Juli. Gleichzeitig argumentiert der Senat, die Klage sei unbegründet - über die geplante Schuldenbremse sei im Vorfeld hinreichend informiert worden. Am 27. Mai hatte es sogar - beantragt von der Linken - eine "Aktuelle Stunde" dazu gegeben. All das, so kontert die Linksfraktion, ersetzt nicht die Information über den Gesetzestext.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.