40 Millionen Menschen betroffen: Blackout in Brasiliens Metropolen

Gut zwei Stunden lang saßen Millionen Brasilianer im Dunkeln. Offenbar wurde eine Überlandleitung beschädigt.

Drink im Dunkeln: Bar in Rio de Janeiro. Bild: dpa

PORTO ALEGRE taz | In Aufzügen steckengebliebene Menschen, Ausfälle bei Ampeln, U-Bahn-Linien und Vorstadtzügen, Probleme beim Gebrauch von Kreditkarten: Am Dienstagabend um 22:13 Uhr Ortszeit wurden Millionen Brasilianer von einem Blackout überrascht, vor allem in den Megastädten São Paulo und Rio de Janeiro. Im Bundesstaat Rio, der flächendeckend betroffen war, gingen um halb eins wieder die Lichter an, in São Paulo bereits ab Mitternacht. Insgesamt waren über 800 Gemeinden in zwölf Bundesstaaten betroffen, 17.000 Megawatt oder ein Fünftel der landesweit produzierten Stroms standen nicht zur Verfügung. Das benachbarte Paraguay lag 20 Minuten lang im Dunkeln.

Dennoch: Ein "Chaos", wie es internationale Nachrichtenagenturen flugs beschworen, sieht anders aus - vor allem, wenn man an den Blackout im August 2003 denkt, von dem der Osten Kanadas und der USA bis zu drei Tage lang betroffen waren. Auch wegen des späten Zeitpunkts hielten sich die Unannehmlichkeiten in Grenzen. Gestern Vormittag zeigten brasilianische TV-Sender nächtliche Bilder von Metropolencafés im Kerzenschein, aber auch von Autos, die sich vorsichtig über Kreuzungen tasteten. Polizeisprecher versicherten, die Sicherheitslage sei nicht nennenswert beeinträchtigt gewesen. Dennoch zogen es viele Ladenbesitzer vor, vorzeitig die Rollläden herunterzulassen.

Die Informationen über die genauen Ursachen des Massenblackouts kamen nur spärlich ans Tageslicht. Der Störfall lag nicht im Megakraftwerk Itaipú an der Grenze zu Paraguay, doch wegen Ausfällen bei der Übertragung mussten die Turbinen des Wasserkraftwerks zwischendurch komplett abgeschaltet werden. Erst zwölf Stunden nach Beginn des Stromausfalls erklärte Márcio Zimmermann, der Exekutivsekretär des Bergbau- und Energieministeriums in Brasília, drei Überlandleitungen in der Nähe von Itaberá im Süden des Bundesstaates São Paulo seien wegen "widriger meteorologischer Umstände" unterbrochen worden.

Der Physiker Luiz Pinguelli Rosa, einer der angesehensten Energieexperten des Landes, unterstrich, dass es sich nicht um einen Engpass bei der Stromversorgung handelte, anders als bei den monatelangen Rationierungsmaßnahmen 2001. Im Übertragungssystem sei es zu einem Dominoeffekt gekommen, sagte Pinguelli Rosa: "Wir haben genug Wasser und Brennstoff für die Wasserkraftwerke." Brasilien sei wegen seiner zahlreichen Staudämme auf ein System der vernetzten Stromversorgung angewiesen, doch dessen Management sei verbesserungswürdig. Um Kettenreaktionen zu vermeiden, müsse man die gestörten Teile des Netzes effektiver isolieren können.

Ins gleiche Horn stieß São Paulos Energieministerin Dilma Pena. Sie bezeichnete es als Skandal, dass es drei Stunden dauerte, bis im 41-Millionen-Einwohner-Bundesstaat die Stromversorgung wiederhergestellt war. São Paulo erwirtschaftet über ein Drittel des brasilianischen Bruttoinlandsprodukts. In Brasília lud Präsident Lula die Verantwortlichen des Energiesektors für Mittwoch zu einer Krisensitzung ein. Gerhard Dilger

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