Kommentar Rot-Rot in Brandenburg: Alles riecht nach Vernunft

Die Koalition setzt auf eine Politik der kleinen Schritte, und angesichts des Haushaltsdefizits bleibt ihr fast gar nichts anderes übrig. Als Signal für Rot-Rot im Bund taugt sie nicht.

Schnell, leise und effizient haben sich SPD und Linke in Brandenburg auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Damit ist das rot-rote Bündnis unter dem SPD-Ministerpräsidenten Matthias Platzeck perfekt. Ein Signal für ein wie auch immer geartetes Linksbündnis im Bund ist diese Vereinbarung nicht, ebenso wenig drückt sie eine Entkrampfung des Verhältnisses der SPD zur Linken aus. Es ist viel schlichter: Rot-Rot in Brandenburg steht für Pragmatismus.

Gemessen an der Situation der Bundespartei sind Platzecks Sozialdemokraten sensationell gut aufgestellt. Egozentrische Psychodebatten à la Thüringen, ob eine SPD unter einem Linke-Regierungschef dienen könne, brauchen sie nicht führen. Und die Linke ist in Brandenburg das, was sie in allen Ost-Bundesländern ist - eine breit verwurzelte Volkspartei mit Regierungserfahrung in Kommunen und Ländern, die Realpolitik macht und deren Basis ihrer Führung so linientreu folgt wie der CSU-Bezirksverband Niederbayern.

Wie vernünftig die Linke agiert, zeigte sich etwa in dem freiwilligen Verzicht ihrer Fraktionschefin auf ein Ministeramt wegen ihrer Stasi-Vergangenheit. Mit diesem klugen Zug befriedete Kerstin Kaiser die letzten Bedenkenträger in der SPD. Auch der Koalitionsvertrag selbst riecht nach Vernunft. Rot-Rot will ein paar Lehrer und Erzieher mehr, ein paar vom Land geförderte Jobs, dafür weniger Stellen im öffentlichen Dienst. Ambitioniert ist dies alles nicht.

Die Koalition setzt auf eine Politik der kleinen Schritte, und angesichts des Haushaltsdefizits bleibt ihr fast gar nichts anderes übrig. Die Linke - die das Finanzressort übernimmt - wird in dieser Koalition einmal mehr beweisen, dass sie in einer Regierung Verantwortung übernehmen kann. Eine neue Erkenntnis ist das nicht.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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