Neue Rechnungshof-Chefin: Senat will Senat kontrollieren

Staatssekretärin Hella Dunger-Löper (SPD) soll aus dem Senat an die Spitze des Landesrechnungshofes wechseln. Opposition sieht Kontrollfunktion ausgehebelt.

Der Senat will trotz massiver Proteste ein bisheriges Regierungsmitglied zur Chefaufseherin über die Landesfinanzen machen. Stimmt das Abgeordnetenhaus zu, wird die bisherige Bau-Staatssekretärin Hella Dunger-Löper (SPD) neue Präsidentin des Landesrechnungshofs. Die 58-Jährige sei unter zwei bis drei Dutzend Kandidaten die "qualifizierteste Bewerberin" gewesen, sagte Senatssprecher Richard Meng am Dienstag. Die Opposition kritisiert den Vorgang scharf und sieht die Kontrollfunktion der Behörde empfindlich geschwächt.

Der Rechnungshof nimmt die Ausgaben des Landes, der Bezirke und der öffentlichen Unternehmen unter die Lupe und weist auf Unregelmäßigkeiten oder auf Geldverschwendung hin. Die Prüfer sind in den Behörden gefürchtet, der Jahresbericht mit vielen Beispielen für Misswirtschaft und Fehlverhalten stößt auf hohes Interesse bei Abgeordneten und der Öffentlichkeit. Die Behörde ist formal nur dem Gesetz unterworfen und nicht an Weisungen gebunden.

Dunger-Löper ist eine aufs Engste mit der SPD verbundene Staatssekretärin. Vor ihrem Wechsel in die Landesregierung war sie Haushaltspolitikerin und saß dem zentralen Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses vor. Auf Bezirksebene war sie zuvor SPD-Fraktionschefin und Bildungsstadträtin. Seit 2004 ist sie als Staatssekretärin Mitglied des Senats.

Die Opposition im Abgeordnetenhaus kritisiert die Personalentscheidung. "Bei einem Wechsel wäre Dunger-Löper für die Prüfung ihrer Tätigkeit aus dem Vorjahr verantwortlich", so der Grünen-Finanzpolitiker Jochen Esser. Der Senat dürfe sich nicht selbst kontrollieren. Für ihn ist der Vorgang "empörend".

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer findet, die Entscheidung für Dunger-Löper "widerspricht allen demokratischen Gepflogenheiten". Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) "scheint jeden inneren und moralischen Kompass verloren zu haben".

Für die CDU-Fraktion ist nicht allein der direkte Wechsel unakzeptabel. Dunger-Löpers Karriere sei "durch einen ideologisch geprägten Politikstil geprägt, der mit der neutralen und unvoreingenommenen Rolle einer Rechnungshofpräsidentin nicht vereinbar ist", sagt der parlamentarischer Geschäftsführer Uwe Goetze. Für die CDU-Fraktion sei sie als Kandidatin "eine Provokation und nicht wählbar".

Der Protest der Opposition fällt noch deutlicher als bei dem schon großen Unmut, als 2003 der damalige Finanzstaatssekretär Frank Bielka (SPD) Chef einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft wurde. Besonders unangenehm stieß auf, dass Bielka als Aufsichtsratsmitglied des Unternehmens zuvor grünes Licht für höhere Managergehälter gegeben hatte. Ein Ortsverein der SPD hatte seinen Parteiausschluss gefordert. Genau wie damals fordern auch jetzt Mitglieder der Opposition eine Karenzzeit von mehreren Jahren vor einem Wechsel von der einen auf die andere Seite.

"Es gibt keinen Interessenkonflikt", sagt dagegen Senatssprecher Richard Meng. "Frau Dunger-Löper ist über alle Zweifel erhaben." Sie werde sich persönlich nicht an der Prüfung von Vorgängen beteiligen, an denen sie selbst mitgewirkt hat. Es habe im Senat "keine Diskussion darüber gegeben, ob diesem Personalvorschlag irgendein Geruch anhaftet".

Die Insider-Kenntnisse sprechen laut Meng sogar eher für Dunger-Löper: "Sie weiß um die kritischen Punkte in der Verwaltung", sagte er. Zudem werde immer wieder verlangt, Leitungspositionen mit Frauen zu besetzen. Die Senatoren sowohl der SPD als auch der Linken hätten die Entscheidung getragen. Die endgültige Entscheidung liegt nun beim Abgeordnetenhaus, das voraussichtlich in der ersten Novemberhälfte darüber abstimmen wird.

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