Posthumer Freispruch für Jack Johnson: Obama und der schwarze VIP

Boxlegende Jack Johnson saß 1920 wegen Kontakts zu einer Weißen im Knast, laut John McCain ist er ein Schandfleck auf der Geschichte der Nation. Jetzt soll er rehabilitiert werden – posthum.

Soll freigesprochen werden: Boxlegende Jack Johnson. Bild: ap

Als hätte Barack Obama noch nicht genug zu tun. Nun soll der amerikanische Präsident mal eben zwischen Gesundheitssystemreformieren und Klimaretten, Weltfriedenstiften und Armutabschaffen auch noch einen Boxer rehabilitieren. Bereits Ende Juli verabschiedete das Repräsentantenhaus eine Resolution, nach der Jack Johnson nachträglich freigesprochen werden soll. Der erste afroamerikanische Weltmeister im Schwergewicht war 1913 verurteilt worden - wegen der Beziehung zu einer weißen Frau. Am Montag nun ließ das Weiße Haus verlauten, es sei noch nicht klar, ob Obama ein präsidiales Pardon für den schwarzen Boxer verkünden werde.

Johnson war nicht nur von 1908 bis 1915 der Meister aller Klassen, sondern auch der erste schwarze VIP. Dass er im Ring in schöner Regelmäßigkeit alle Gegner demütigte, die von der Öffentlichkeit zuvor als "große weiße Hoffnung" ausgerufen worden waren, machte ihn ebenso zum Stammgast in den Klatschspalten wie der kaum verhohlene sexuelle Appetit des Champions, den er vor allem mit weißen Frauen zu stillen pflegte. Auch seine drei Ehefrauen waren allesamt weiß.

Außerdem war er für sein Mundwerk gefürchtet. In und außerhalb des Rings verhöhnte er seine Gegner und das Publikum. Er lebte auf großen Fuß, liebte schnelle Autos, gute Anzüge und den Luxus. Johnson demonstrierte ein Selbstvertrauen, das sich Afroamerikaner zu dieser Zeit nur unter akuter Lebensgefahr leisten konnten, und wurde so zu einem frühen Hoffnungsträger für alle diskriminierten Schwarzen und später zum großen Vorbild von Muhammad Ali.

Das alles erzürnte, kaum überraschend, die weiße Bevölkerungsmehrheit. Spätestens als Johnson 1910 den extra aus dem Ruhestand zurückgekehrten, bis dahin ungeschlagenen Exchampion Jim Jeffries 15 Runden lang gedemütigt hatte, stand er auf der Abschussliste. Bei den anschließenden schwarzen Siegesfeiern kam es zu Zusammenstößen mit Rassisten, bei denen mindestens 25 Menschen ums Leben kamen, nur zwei davon Weiße. Weitere Lynchmorde musste die Polizei verhindern.

1912 schließlich glaubte die weiße Justiz, genug gegen Johnson in der Hand zu haben, um ihn verurteilen zu können. Er wurde angeklagt, "eine Frau zu unmoralischen Zwecken über Staatsgrenzen transportiert zu haben". Die Anklage brach zusammen, als jene Frau, die Prostituierte Lucille Cameron, nicht gegen ihn aussagen wollte, weil sie Johnson kurz darauf heiratete. Ein Jahr später wurde er dann aufgrund der Aussagen einer weiteren Prostituierten von ausschließlich weißen Geschworenen doch noch verurteilt. Einer der Staatsanwälte gab später zu, dass Johnson "das Pech hatte, das herausragende Beispiel zu sein für eine Normalität von Hochzeiten zwischen Weiß und Schwarz".

Johnson floh nach Europa und boxte bis 1920 nur noch im Ausland. Dann kehrte er in seine Heimat zurück, stellte sich den Behörden und ging für zehn Monate ins Gefängnis. Auch nach seiner Entlassung boxte er weiter. Seinen letzten Kampf verlor er im biblischen Alter von 60 Jahren nach sieben Runden durch technischen K. o. Nur acht Jahre später brachte ihn seine zweite Leidenschaft nach den Frauen um: Wütend, weil er in einem Restaurant nicht bedient worden war, baute Johnson einen Autounfall in North Carolina.

Treibende Kraft hinter den Bemühungen, Johnson zu rehabilitieren, ist John McCain. Der Senator von Arizona lässt keine Gelegenheit aus, Obama, seinen ehemaligen Widersacher im Kampf um das Präsidentenamt, an den Boxer zu erinnern. "Der Fall Jack Johnson ist ein Schandfleck auf der Geschichte unserer Nation", sagte der Republikaner, "es wird Zeit, diese Ungerechtigkeit zu korrigieren. Aber der Präsident ist momentan wohl sehr, sehr beschäftigt."

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